Schlagwort-Archive: WSW

Standardisierte Bewertung für Wuppertaler Seilbahn wirft Fragen auf

Gutachter verschweigen Umsteigezwang und längere Fußwege, um Seilbahn zu rechtfertigen

Seit der ersten Vorstellung der Seilbahnpläne im Mai 2015 hat der Verein Seilbahnfreies Wuppertal (SBFW) mehrere tausend Stunden Arbeit investiert, um die drohenden Einschnitte für den ÖPNV, die Umwelt, das Stadtbild, die Privatsphäre von Anwohnern und die Finanzsituation der Stadt Wuppertal zu analysieren und aufzuzeigen.

Fast zwei Jahre später wurde nun von der Wuppertaler Verwaltung endlich die Standardisierte Bewertung veröffentlicht, in der Kosten und Nutzen der Seilbahn gegeneinander abgewogen werden sollen. Versprochen war diese bereits im Vorfeld zum Bürgerbeteiligungsverfahren im letzten Jahr, was jedoch aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen scheiterte. Ohne dieses wichtige Dokument hätte das Bürgergutachten eigentlich nie erstellt werden dürfen, die Stadt Wuppertal und Bürgerbeteiligungsdezernent Herr Paschalis hielten jedoch daran fest und opferten die Zeit der Bürgergutachter ohne grundlegende Zahlen vorweisen zu können.

Nachdem Ende letzter Woche die Standardisierte Bewertung und weitere Dokumente aus internen Kreisen des Rathauses noch vor offizieller Bekanntgabe an den Verein Pro-Seilbahn und von diesem an die Öffentlichkeit getragen wurden, konnte der Verein SBFW sich bereits intensiv mit den Dokumenten auseinandersetzen.

Wie von SBFW befürchtet, finden sich in der Standardisierten Bewertung keine Angaben zu

  • den zugrundeliegenden Reisezeiten,
  • den daraus resultierenden Reisezeiteneinsparungen, und
  • den Gründen bzw. Attraktivitätssteigerungen, die den Umstieg von Auto auf ÖPNV mit Seilbahn hervorrufen.

An allen entscheidenden Stellen wurden in der von der Firma Spiekermann Consulting Engineers durchgeführten Standardisierten Bewertung, entsprechende Parameter zu Gunsten der Seilbahn und in keinster Weise kritisch ausgelegt. So sieht keine objektive Bewertung aus.

Differenziert betrachtet und nachgearbeitet werden sollten beispielsweise folgende Punkte, die erheblichen Einfluss auf das Endergebnis der Bewertung hätten:

  • Die Annahme einer Abschreibungszeit von 50 Jahren, trotz notwendigen Austauschs von großen Teilen des Seilbahnequipments nach spätestens 30 Jahren, ist in diesem Zusammenhang unseriös.
  • Die Annahme, dass Studierende an 250 oder mehr Tagen im Jahr zu Universität fahren, ist richtig im Sinne der Standardisierten Bewertung, geht aber an der Realität vorbei. Im Jahr gibt es nur 140 Vorlesungstage und viele Curricula sind darüber hinaus auf vier-Tage-Wochen ausgelegt.
  • Die Annahme, dass es mit 33% bis 67% Buskürzungen in der Südstadt keinen Fahrgastrückgang im ÖPNV und dadurch bedingt keinen Auto-Mehrverkehr gibt, widerspricht den bisherigen verkehrswissenschaftlichen Erkenntnissen.
  • Letztendlich bedeutet die Planung mit drei Bediensteten an vier Einstiegsstellen  einen automatisierten Betrieb an mindestens einer Einstiegsstelle, dessen Risiko und deren Kosten nirgends bewertet wurde.

Spiekermann Consulting weist an vielen Stellen darauf hin, dass sie keinerlei Erfahrung mit Seilbahnen haben und sich daher bei diversen Aspekten an Aussagen von Arno Schweiger (www.Seilbahnprofi.de) orientieren, welcher im Auftrag der WSW die Wuppertaler Seilbahn-Planung erstellt hat.

SBFW fordert entsprechende Transparenz des Verfahrens und die Überarbeitung der kritischen Punkte.

Um einen ersten Eindruck über die Auswirkungen der Eingangsparameter zu gewinnen, haben wir auf Excel-Basis ein Tool zur Berechnung des Nutzen-Kosten-Indikators bereitgestellt: Standardisierte Bewertung Seilbahn_2017-04-03

„Gründlichkeit geht vor Geschwindigkeit“

Den Wuppertaler Stadtwerken und der Stadt Wuppertal liegen Gutachten vor, die von deutlich höheren Realisierungskosten des Seilbahnprojektes ausgehen, als bisher angenommen. Die Entscheidung über die Weiterverfolgung und den Einstieg in das Planfeststellungsverfahren wird verschoben. Ursprünglich sollte darüber im Februar abgestimmt werden.

Wie die Westdeutsche Zeitung (WZ) am 14. Januar 2017 berichtet, legt Oberbürgermeister Mucke Wert auf Sorgfalt bezüglich der Baukosten.

Wichtig ist, dass wir eine so verlässliche Zahl wie möglich bekommen, ehe wir weiter über die Seilbahn diskutieren. Gründlichkeit geht vor Geschwindigkeit.

Die Stadt Wuppertal und die Wuppertaler Stadtwerke haben jeweils voneinander unabhängige Gutachten vorliegen. Angaben über Baukosten variieren darin, sind jedoch deutlich höher als bisher angenommen. Das Gutachten der Stadt  geht von Baukosten zwischen 75 Millionen und 100 Millionen Euro aus. Im Gutachten für die WSW werden 90 Millionen Euro genannt. Beide Gutachten haben keine Mehrwehrtsteuer eingerechnet.

Verlauf der Projektkosten für eine Seilbahn in Wuppertal seit 2012
Verlauf der Projektkosten für eine Seilbahn in Wuppertal seit 2012

Laut Oberbürgermeister Mucke werden die Gutachter nun ihre Zahlen abstimmen. Dies soll bis März passieren. Eine Entscheidung über die Weiterführung des Projektes kann laut der WZ frühestens im Mai stattfinden.

Den aktuellen Artikel aus der Westdeutschen Zeitung sowie wie gewohnt in unserem Pressespiegel.

„Menschen Hautnah“ in der WDR-Mediathek

Gestern Abend (am 21. Juli) wurde die Folge der Sendung WDR – Menschen Hautnah zum Thema Seilbahnprojekt in Wuppertal gesendet. Für alle, die nicht die Möglichkeit hatten, die Sendung zu sehen, steht die Folge nun auch in der Mediathek des WDR für ein Jahr zur Verfügung. Folgen Sie einfach diesem Link direkt zur Website der Folge „Menschen Hautnah – Nicht vor meiner Haustür“. Darüber hinaus haben wir den Link auch in unseren Pressespiegel hinterlegt.

Seilbahnbetrieb ist nicht wetterunabhängig

Die Seilbahn wird von Befürwortern häufig als ein Verkehrssystem beworben, welches unabhängig bei jedem Wetter eingesetzt werden kann. In diesem Zusammenhang fallen die Stichworte Schneefall und Eisglätte. Doch es gibt Wetterverhältnisse, bei denen die Seilbahn nicht fahren würde.

Die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) zählen auf der Projek-Website (Seilbahn2025.de) die Vorteile eines Seilbahnsystems auf:

Vorteile eines Seilbahnsystems: (…) keine Witterungsabhängigkeit

(Seilbahn2025.de, abgerufen am 08. Juni 2016)

Tatsächlich gibt es Wetterverhältnisse, bei denen die Seilbahn nicht betrieben werden dürfte.

Wind

Eine 3-S Bahn ist laut der Vorstudie zur technischen Machbarkeit vom Ingenieurbüro Schweiger Windstabil bis zu Windgeschwindigkeiten bis zu 100 km/h. Es kann also vorkommen, dass aus diesem Grund der Seilbahnbetrieb unterbrochen werden müsste. Eine offene Frage ist die Aktzeptanz einer Seilbahn bei Fahrgästen an Stürmischen Herbsttagen mit Windgeschwindigkeiten unter 100 km/h.

Gewitter

Es gibt Sicherheitsvorschriften in Deutschland, die den Betrieb von Seilbahnanlagen während eines Gewitters untersagen. Dies wird auch in der oben genannten Vorstudie zur technischen Machbarkeit aufgezeigt. So heißt es hier:

Problematisch sind, was das Wetter betrifft, Gewitter. Hier muss die Bahn geleert und bis zum Abzug des Unwetters stillgesetzt werden.

Und im weiteren Verlauf:

Bei nahendem Gewitter ist die Seilbahn gemäß DIN EN 12397 „Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen für den Personenverkehr – Betrieb“ leer zu fahren.

Bei einem Gewitter steht die Seilbahn also nicht zur Verfügung. Darüber hinaus kommt es vor, das während eines Gewitters Komponenten einer Seilbahn beschädigt werden. Tatsächlich finden sich im Internet entsprechende  Artikel, auch bei modernen Systemen wie eine 3S-Bahn. Ein Beispiel ist die Seilbahn in Koblenz. Wie die Rhein Zeitung in einem kurzen Online-Aretikel schreibt, gab es nach einem Gewitter im Jahr 2011 Schäden an der Seilbahnmechanik. Der Fahrbetrieb musste darauf hin für den Rest des Tages eingestellt werden.

Seilbahn in Koblenz: Bei Gewitter kein Fahrbetrieb
Seilbahn in Koblenz: Bei Gewitter kein Fahrbetrieb

Auch wenn die Seilbahn Vorteile bei Schneefall oder Eisglätte hätte, sollte man daraus nicht schlussfolgern, dass eine Seilbahn Wetterunabhängig betrieben werden kann. Bei Sturm oder Gewitter müsste der Fahrbetrieb eingestellt werden. Fahrgäste, die eigentlich die Seilbahn benutzen würden, wären dann gezwungen, auf die verbliebenen Buslinien auszuweichen.

Faktencheck Teil 6: Platzangebot mit und ohne Seilbahn

Zusammenfassung:

Hauptargumente für die Seilbahn waren und sind die mutmaßlich überfüllten Busse zur Universität. Guckt man genauer hin, stellt man fest: das Platzangebot Richtung Universität würde mit der Seilbahn in der wichtigsten Hauptverkehrszeit gegen 8 Uhr reduziert. Müssten die Studierenden am Hauptbahnhof mehrere Minuten auf eine freie Gondel warten?

Die Begründung für die Seilbahn aus dem Umfeld der „Strategie 2025“ ist auf den ersten Blick bestechend: Die Seilbahn führe ständig und würde gegen überfüllte Busse helfen. Die WSW seien an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen und darum sei die Seilbahn die einzige logische Konsequenz.

Leider ist dieser Schluss falsch. Zwar mögen die WSW mit zehn Bussen im Einsatzverkehr zur Universität sehr stark belastet sein (siehe Faktencheck Teil 5). Jedoch bietet die Seilbahn keine Ausweitung bezüglich der angebotenen Plätze im Zeitraum der größten Nachfrage. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Dies wird im Folgenden aufgezeigt.

Laut aktuellem Fahrplan gibt es zwischen 7:30 und 8:15 Uhr – zum morgendlichen Vorlesungsbeginn – 23 Busabfahrten ab Hauptbahnhof.

Busanbindung Campus Grifflenberg zwischen 07:30 und 08:15: Insgesamt 23 Busse fahren Haltestellen rund um die Universität an
Abbildung 1: Busanbindung Campus Grifflenberg zwischen 07:30 und 08:15 Uhr: Insgesamt 23 Busse fahren Haltestellen rund um die Universität an (Bild: Google Earth)

Jeder Bus ist als Gelenkbus geplant (150 Plätze pro Bus), damit werden hiermit 3.450 Plätze Richtung Universität innerhalb von 45 Minuten angeboten.

Die Rechnung für die Seilbahn: hier werden in 45 Minuten Dreiviertel der Fahrgäste der maximalen Stundenleistung befördert. Pro Stunde und Richtung sollen 3.500 Fahrgäste befördert werden, also bietet die Seilbahn im Zeitfenster von 7:30 bis 8:15 Uhr 2.625 Plätze.

Vergleich der angebotenen Plätze (Bus/Seilbahn) zur Universität während der morgenlichen Stoßzeit
Abbildung 2: Vergleich der angebotenen Plätze (Bus/Seilbahn) zur Universität während der morgendlichen Stoßzeit

Der durchaus berechtigte Einwand lautet: „aber es führen doch weiterhin die normalen Linienbusse Richtung Universität, die nicht eingespart würden. Diese Plätze seien doch beim Busangebot oben auch berücksichtigt worden“. Die folgende Betrachtung simuliert die Situation mit den verbleibenden Buslinien:

Gemäß Einsparungsplänen der WSW Projektgruppe – Sabine Schnake hat diese vorgestellt( siehe auch Teil 4 und Teil 5 der Faktencheck-Serie) – werden die Linien 603, 615 und 625 möglicherweise nur noch im 30 Minuten-Takt fahren. Diese drei Linien bieten also in einer Stunde sechs Fahrten an. In 45 Minuten wären dies rechnerisch 4,5 Abfahren ab Hauptbahnhof, womit 675 Plätze zusätzlich angeboten würden.

Vergleich der angebotenen Plätze (Bus/Seilbahn mit verbleibenden Buslinien) zur Universität während der morgenlichen Stoßzeit
Abbildung 3: Vergleich der angebotenen Plätze (Bus/Seilbahn mit verbleibenden Buslinien) zur Universität während der morgendlichen Stoßzeit

Selbst mit dem Aufschlag der Linienbus-Plätze würden im Seilbahn-Szenario, so wie es die WSW Projektgruppe skizziert hat, weniger Plätze Richtung Universität angeboten. Dabei wurde bei der Projektvorstellung im Wuppertal 2025 immer im Sinne von „alle Studenten können bequem und schnell zur Uni schweben“ gesprochen.

Wer jedoch einen kompletten Überblick der angebotenen Plätze wünscht, muss zusätzlich die Fahrten Richtung Hahnerberg betrachten. Hier zeigt sich, dass mit der Seilbahn eine noch deutlichere  Reduktion der angebotenen Plätze zu erwarten ist.

Der Busverkehr bietet aktuell zwischen 7:30 und 8:15 Uhr insgesamt 4.850 Plätze an. Das beinhaltet die Buslinien zur Universität einschließlich des Uni-Einsatzverkehrs (3.450 Plätze). Die restlichen 1.400 Plätze verteilen sich auf die Buslinien, welche den Bereich Hahnerberg / Schulzentrum Süd anfahren.

Abbildung 4: Bushaltestellen Hahnerberg und Schulzentrum Süd: weitere 10 Busse fahren diesen Bereich zwischen 07:30 und 08:15 Uhr an (Bild: Google Earth)
Abbildung 4: Bushaltestellen Hahnerberg und Schulzentrum Süd: weitere 10 Busse fahren diesen Bereich zwischen 07:30 und 08:15 Uhr an (Bild: Google Earth)

Die Buslinien 613, 635 und CE65 sind als Gelenkbus (je 150 Plätze) geplant. Die Linie CE64 wird mit einem Solobus ohne Gelenk betrieben und bietet somit 100 Plätze pro Fahrt. In den oben genannten Einsparungsplänen der WSW wäre auch der Takt der Buslinien 613 und 635 größer. Die Linien CE64 und CE65 würden gar nicht mehr vom Hauptbahnhof aus fahren, sondern ab Schulzentrum Süd beginnen.

Die folgende Abbildung zeigt, die Seilbahn zusammen mit allen verbleibenden Buslinien (603, 613, 615, 625 und 635) im Gegensatz zum jetzigen Busverkehr nur 3750 Plätze anbieten wird.

Abbildung 5: Vergleich der angebotenen Plätze (Bus/Seilbahn mit verbleibenden Buslinien) für die gesamte Strecke nach Küllenhahn / Hahnerbergwährend der morgendlichen Stoßzeit
Abbildung 5: Vergleich der angebotenen Plätze (Bus/Seilbahn mit verbleibenden Buslinien) für die gesamte Strecke nach Küllenhahn / Hahnerberg während der morgendlichen Stoßzeit

Die Seilbahn wurde als Verkehrssystem mit großer Kapazität beworben. Tatsächlich würde sie im WSW-Szenario für eine Reduzierung von 1100 Plätzen sorgen. Und das würde der Hauptverkehrszeit stattfinden.

Die Projektgruppe Seilbahn der WSW Mobil muss natürlich herausstellen, dass die Seilbahn viel mehr Plätze anbietet als der Uni-Express und die Uni-Einsatzwagen. Dieser Fakt ist nie bestritten worden und sogar in Abb. 1 ersichtlich: die Einsatzwagen bieten nur 1950 Plätze an. Die Seilbahn würde 2625 Plätze im gleichen Zeitraum bereitstellen.

Die Wuppertaler Politik sollte hieraus aber nicht ableiten, dass die Seilbahn insgesamt mehr Plätze anbieten wird und dass eine Entlastung der Relation Hauptbahnhof-Universität eintreten könnte. Vielmehr sollte man sich mit dem Szenario vertraut machen, dass durch die Seilbahn über 30% der Plätze entfallen werden.

Linke kritisieren WSW

Eine Anfrage der Initiative Seilbahnfreies Wuppertal über die Fahrgastzahlen einzelner Buslinien durch die Wuppertaler Südstadt wurde von den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) abgelehnt. Die Begründung: Es würde sich um Betriebsgeheimnisse handeln. Dieses Vorgehen wird durch die Wuppertaler Ratsfraktion DIE Linke nun kritisiert. Auf der Internetseite njuuz.de wird der Fraktionsvorsitzende Gerd-Peter Zielezinski mit den folgenden Worten zitiert:

Dass die Bürgerinitiative vor dem Verwaltungsgericht auf Preisgabe der Fahrgastzahlen von und nach Küllenhahn klagen muss, ist ein Skandal, und das entspricht nicht der versprochenen Transparenz.

Seilbahnfreies Wuppertal prüft alle Themen rund um die Seilbahnidee. Um Auswirkungen durch eine Seilbahn auf den ÖPNV ganzheitlich bewerten zu können, sind Fahrgastzahlen für die einzelnen Buslinien ein wichtiger Faktor.

Offensichtlich nehmen es die WSW mit Betriebsgeheimnissen nicht immer so genau. Geht es um andere Themen als um die Seilbahn, werden Fahrgastzahlen aus der Südstadt sogar in der lokalen Presse veröffentlicht, wie ein Artikel der Westdeutschen Zeitung am Mittwoch, den 20. April 2016 zeigt. Hier geht es um die Baustelle für die neue Fernwärmeleitung im Bereich Dürrweg und die Auswirkungen auf die dort fahrende Buslinie 613. Zitat:

Bei 1000 Ein- und Ausstiegen können wir nicht die ganze Linie dort herausnehmen.

Die Buslinie 613 führt vom Hauptbahnhof zum Schulzentrum Süd und ist damit eine der Linien, für die Fahrgastzahlen im Zusammenhang mit der Seilbahndiskussion interessant wären.

Einblick in die Privatsphäre

In einigen Beiträgen haben wir bereits auf unserer Website gezeigt, was Anwohnern bevorstehen würde, wenn eine Seilbahn über ihre Grundstücke und Häuser gebaut würde. Es wird beispielsweise nicht zu verhindern sein, das eigene Haus in Video-Portalen im Internet wieder zu finden.

Neben der Dreiseilumlaufbahn in Koblenz haben Mitglieder des Vereins Seilbahnfreies Wuppertal auch die Rittner Seilbahn in Bozen (Südtirol) besucht. Über die Lärmentwicklung der Bahn, den Schattenwurf der Gondeln und Ausfallzeiten der Anlage haben wir schon ausführlich berichtet. Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit dem Thema Privatsphäre der Anwohner am Beispiel der Rittner Seilbahn.

Rittner Seilbahn in Bozen
Rittner Seilbahn in Bozen

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gondeln. Diese sind nicht wie beispielsweise die Gondeln der Seilbahn in Koblenz durchgehend bis zum Boden verglast. Nur an den Seiten befinden sich bodentiefe Fenster. In Fahrtrichtung reichen die Fenster jedoch nicht bis zum Boden. Darüber hinaus unterscheidet sich  auch die Anordnung der Sitze von den Gondeln in Koblenz. Die Bänke bilden eine U-Form entlang der Fenster.

Gondel in der Bergstation der Rittner Seilbahn
Gondel in der Bergstation der Rittner Seilbahn

Auf die Frage, wie die Privatsphäre der Anwohner gewährleistet werden kann, wurde seitens der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) geantwortet, dass Gondeln ja nicht bis zum Boden verglast werden müssen. Auf diese Weise würde die Situation ein wenig entschärft. Leider zeigt das Beispiel Bozen, dass eine solche Gestaltung einer Seilbahngondel keinerlei Verbesserungen bringen wird. Trotz kleinerer Fensterflächen und der Sitzbank vor den Fenstern lassen sich mühelos Bilder oder Videos von Gebäuden unterhalb der Trasse machen. Das Blickfeld der Fahrgäste ist kaum eingeschränkt. Das unten stehende Foto wurde mit einem aktuellen Smartphone gemacht.

Bild aus der Gondel über dem Stadtgebiet von Bozen
Bild aus der Gondel über dem Stadtgebiet von Bozen

Unserer Meinung nach wäre der Einblick auf Gärten, Balkone oder auch in die Gebäude erschreckend. Die Menschen entlang der geplanten Seilbahntrasse müssen mit massiven Einschränkungen rechnen.  Bei einem Gondeltakt von ca. 30 Sekunden zu den Stoßzeiten ist ständig eine Gondel in der Nähe. Das eigene Grundstück ist pausenlos aus der Vogelperspektive unter Beobachtung.

Weder auf den Infoveranstaltungen der Stadtwerke noch auf den Fahrten nach Koblenz konnte man den Anwohnern Konzepte präsentieren, wie ihre Privatsphäre bei Realisierung des Seilbahnprojektes berücksichtigt werden kann.

Seilbahn-Diskussion auf der CDU-Fraktionssitzung

Am Montag, den 27. Oktober fand eine öffentliche CDU-Fraktionssitzung am Campus Freudenberg statt. Es wurde eine Diskussionsrunde mit Vertretern der Wuppertaler Stadtwerke (Sabine Schnake und Ulrich Jäger), der CDU (Ludger Kineke und Hans-Jörg Herhausen) und Seilbahnfreies Wuppertal (Marc Gennat und Antonino Zeidler) durchgeführt. Auch Vertreter der lokalen Presse waren anwesend. Nach einführenden Präsentationen von Herrn Jäger und Herrn Zeidler wurde über viele Aspekte des Themas diskutiert. Anschließend gab es die Möglichkeit für das Publikum im Hörsaal, Fragen zu stellen.

Eigene Aufnahme der Diskussionsrunde der öffentlichen CDU-Fraktionssitzung
Eigene Aufnahme der Diskussionsrunde der öffentlichen CDU-Fraktionssitzung

Wir bedanken uns bei der Wuppertaler CDU-Fraktion für die Einladung und für die Möglichkeit, unsere Argumente zu präsentieren.

Einzelgespräche bei Abschluss der Veranstaltung
Einzelgespräche bei Abschluss der Veranstaltung

Podiumsdiskussion mit CDU, WSW und Seilbahnfreies Wuppertal

Die Wuppertaler CDU Fraktion hat die Stadtwerke und den Verein Seilbahnfreies Wuppertal e.V. zu einer öffentlichen Fraktionssitzung eingeladen. Zwei Mitglieder der CDU, Frau Schnake (Projektleiterin Seilbahn2025), Herr Jäger (Geschäftsführer WSW mobil), Prof. Dr. Gennat (Mitglied des Vereins) und Antonino Zeidler (1. Vorsitzender des Vereins) werden bei einer Podiumsdiskussion über die geplante Wuppertaler Seilbahn sprechen.

Termin: Montag, 26.10.2015, 17:00 Uhr
Ort:  Hörsaal 1 des Gebäudes FZH, Campus Freudenberg, Rainer-Gruenter-Straße

Da die Sitzung in diesem Falle öffentlich ist, sind alle interessierten Besucher herzlich Willkommen, sich die Argumente der WSW und des Vereins anzuhören und diese kritisch zu hinterfragen.

CDU_Seilbahn_Flyer

Fakten zur Finanzierung

In ihren Informationsveranstaltungen teilten die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) mit, dass eine Förderung von 90 Prozent für das Seilbahnprojekt möglich wäre. Auch wenn es eher fraglich ist, gehen wir im folgenden Text davon aus, dass die Projektkosten wirklich nur 50 Millionen Euro betragen würden. Wäre die Förderung von 45 Millionen Euro realistisch?

Gemeint ist hier der § 12ÖGNVG NRW (Gesetz des öffentlichen Personennahverkehrs in Nordrhein Westfahlen). Demnach liegt die Förderrate für „den Neu- und Ausbau von Verkehrswegen“ bei 90 Prozent.

Das Land Nordrhein-Westfahlen stellt seit 2008 120 Millionen Euro pro Jahr zur Förderung von Infrastrukturprojekten des öffentlichen Personen-Nahverkehrs zur Verfügung. Das Geld wird auf die Verkehrsverbunde aufgeteilt. Der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) erhält davon 64 Millionen Euro pro Jahr. Dieser Betrag muss wiederum auf alle 23 Städte und Kreise innerhalb des VRR verteilt werden. Die geförderten Projekte und weitere, detaillierte Informationen  veröffentlicht der VRR auf seiner Website.

Geförderte Projekte des VRR nach $12 ÖPNVG NRW
Geförderte Projekte des VRR nach $12 ÖPNVG NRW

Im Schnitt werden also 69 Projekte mit insgesamt 64 Millionen Euro pro Jahr gefördert. Kennt man diese Zahlen, erscheint es eher unrealistisch, dass Wuppertal eine Förderung von 45 Millionen Euro für ein einzelnes Projekt bekommt.

Man kann die Ansicht vertreten, dass die Förderung des Seilbahnprojektes auf jeden Fall vorangetrieben werden muss, damit Geld aus diesem Fördertopf nach Wuppertal fließt. Hierzu muss man allerdings auch wissen, dass Wuppertal in den vergangenen Jahren (der VRR weist hier 2008 bis November 2013 aus) bereits 17 Fördervorhaben mit insgesamt 32 Millionen Euro in unserer Stadt realisiert wurden. Zum Vergleich: Remscheid und Solingen haben zusammen 2,5 Millionen Euro an Fördergeldern im gleichen Zeitraum erhalten. Folgende Projekte wurden beispielsweise mit Fördergeldern nach §12ÖPNVG NRW in Wuppertal realisiert:

– 30 Wetterschutzeinrichtungen bzw. Bushaltestelleneinrichtungen (2010 und 2011)
– Dynamische Fahrgastinformationen an Haltestellen (2010 und 2011)
– Neugestaltung Verknüpfungspunkt des ÖPNV in Vohwinkel (2012)
– P+R / B+R Anlage in Wuppertal Ronsdorf (2009)
– ÖPNV-Anteil bei der Neugestaltung Döppersberg (2008)
– Barrierefreier Aus- bzw. Umbau von Haltestellen  (2010, 2014 und 2015)

Der letzte Punkt ist hervorzuheben, weil Wuppertal hier noch eine große Aufgabe vor sich hat. Wie die Rheinische Post in einem Artikel vom 22. Juli 2015 berichtet, werden noch 1.000 von 1.300 Bushaltestellen unserer Stadt barrierefrei aus- bzw. umgebaut. Das Personenbeförderungsgesetz legt fest, dass bis Anfang 2022 der gesamte ÖPNV barrierefrei sein muss. Auch hierfür wurden bisher Fördergelder nach $12 ÖPNVG sinnvollerweise verwendet.

Bei Realisierung der Seilbahn würden sich die Fördergelder auf das Seilbahnprojekt  und Projekte rund um die Seilbahn (z.B. P+R-Parkplätze) fokussieren. Für weitere Projekte könnten dann über einen längeren Zeitraum maximal geringe Beträge zur Verfügung gestellt werden. Das Nachsehen haben somit alle Wuppertaler Stadtteile, die nicht an die Seilbahn angebunden wären.

Eine Unzufriedenheit durch die Vernachlässigung von einzelnen Stadteilen durch eine Bevorzugung der Elberfelder Innenstadt ist jetzt schon wahrnehmbar, wie das Beispiel Burgholz-Express für Ronsdorf zeigt. Das unten wiedergegebene Zitat von Ingrid Rode (SPD und BV Ronsdorf) stammt aus der Wuppertaler Rundschau vom 30.09.2015 und zeigt ihre Reaktion auf die Aussage der Stadt Wuppertal, dass eine weitere Buslinie von Vohwinkel durch den Burgholztunnel nach Ronsdorf nur durch Kürzungen an anderen Linien zu finanzieren sei.

Die Stellungnahme drückt die Unlust der Verwaltung aus. An Kunden gibt es scheinbar kein Interesse. Die Planung der Seilbahn erzürnt mich, weil für das Tal immer Geld da ist.

Soll Wuppertal als hochverschuldete Stadt wirklich weiter in ein Projekt investieren, dessen Gesamtfinanzierung nach aktuellem Stand sehr fraglich ist?

Soll sich der Großteil der  Förderung für den Wuppertaler ÖPNV auf ein Vorzeigeprojekt konzentrieren und der Rest der Stadt benachteiligt werden?

 

Nachtrag vom 28. Oktober 2015

Als eine weitere Möglichkeit zur Förderung des Seilbahnprojektes könnte der §13 ÖGNVG NRW in Frage kommen. Darauf werden wir zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines weiteren Beitrags eingehen.