Die Anzahl der Fahrgäste und die Seilbahn-Auslastung sind wichtige Kennzahlen für die Bestimmung der Kosten pro Fahrgast und auch die Berechnung der CO2-Emissionen pro Personenkilometer. Erst mit diesen Kennzahlen kann die Seilbahn mit anderen Verkehrssystemen verglichen werden. In Publikationen wird die durchschnittliche Auslastung mit 20% (Heiner Monheim u.a.: Urbane Seilbahn, KSV-Verlag Köln) oder sogar mit 50% (Studie der ClimatePartner) angegeben. Die 20% Auslastung liegen zumindest in der Größenordnung der durchschnittlichen Linienbusauslastung in Deutschland, die 21% beträgt (Tremod 5.41, Bundesumweltamt). Im Folgenden wird abgeschätzt, welche Auslastung die Seilbahn Wuppertal möglicherweise erreichen könnte.
Auslastungsrechnung gemäß Pro Bahn-Konzeptpapiers
Die Auslastung der Seilbahn Wuppertal wurde von Pro Bahn in ihrem Konzeptpapier (Referenz im Sachstandsbericht Strategie Wuppertal 2025) nicht direkt angegeben. Die im Konzeptpapier in den Fußnoten angegebenen Fahrgastzahlen können herangezogen werden, um die durchschnittliche Auslastung zu bestimmen.
Pro Bahn geht davon aus, dass an den Hauptverkehrstagen 35% Auslastung bei einer Beförderungskapazität von 3100 Personen/Stunde erreicht wird. Zwei Drittel der Fahrgäste soll zur Uni fahren, ein Drittel zum Schulzentrum Süd. Bei 16 Betriebsstunden würden damit 34.720 Fahrgäste am Tag befördert. An Samstagen und Sonntagen wird mit zwei Dritteln der Wochentags-Fahrgastzahlen zum Schulzentrum Süd gerechnet. Unter der wohlwollenden Annahme, dass in der vorlesungsfreien Zeit auch zwei Drittel der an Vorlesungstagen fahrenden Fahrgäste und 20% an Wochenenden zur Uni fahren – hier hat Pro Bahn keine zusätzlichen Fahrgäste angenommen und damit auch keine Angaben gemacht –, kommt man zu der Auslastungsrechnung gemäß Tabelle 1.
Warum im Tagesmittel ein Drittel der Fahrgäste zum Schulzentrum Süd fahren sollten, ist im Pro Bahn Konzeptpapier ebenso unklar geblieben wie die Angabe sowohl der 150 Vorlesungstage – es sind gemäß Kultusministerium NRW im Mittel 138 Tage – als auch der 200 Wochentage, die zur Berechnung der Fahrten zum Schulzentrum Süd herangezogen wurden.
Nun stellt sich die Frage, wie ein Wochentag aussehen mag, an dem etwa 55.500 Personen-Kilometer durch die Seilbahn erbracht werden. Dieser könnte wie folgt aussehen:
Um auf die 55.500 Personenkilometer zu kommen, müssen
- alle bisherigen Busnutzer der Linien 613, 635, CE64 und CE65 komplett auf die Seilbahn umsteigen.
- Die Seilbahn muss morgens knapp fünf Stunden lang zu 100% am Hauptbahnhof bis auf den letzten Platz gefüllt werden. Wenn tatsächlich so viele Studierende mit der Seilbahn fahren würden, kann mit erheblichen Wartezeiten gerechnet werden, da die Studierenden nicht gleichmäßig an der Station ankommen.
- Das Gleiche wird nachmittags für den Rückweg zum Hauptbahnhof nötig werden: knapp fünf Stunden wird jede Gondel bis auf den letzten Platz gefüllt.
Hierbei stellen sich mehrere Fragen:
- Fahren überhaupt so viele Studierende zur Universität?
- In den am Campus Grifflenberg befindlichen Fachbereichen sind etwa 17.000 Studierende eingeschrieben. Wie viele von diesen studieren aktiv und fahren täglich zur Universität?
- Wie viele Studierende sind nur wegen des Semestertickets eingeschrieben und fahren nie zum Campus?
- Wie ist der Modal-Split bei den Studierenden und den Beschäftigten der Universität?
- Wie viele der studierenden ÖPNV-Nutzer reisen über den Hahnerberg an?
- Wie viele der studierenden ÖPNV-Nutzer kommen aus dem unmittelbaren Umkreis der Südhöhen?
- Steigen überhaupt alle sonstigen Busnutzer auf die Seilbahn um?
Hierzu gibt weder das Pro Bahn-Konzeptpapier noch die WSW eine Antwort. Klar ist nur, dass die Annahme von 55.500 Personenkilometer an einem Vorlesungstag unrealistisch ist, da die gut 9 Stunden Vollauslastung vielleicht in einem Freizeitpark oder bei einer Bundesgartenschau möglich sind, aber nicht im öffentlichen Personennahverkehr zwischen Hauptbahnhof und Universität. Es müssten sich die Besucher eines gut gefüllten Stadion am Zoo an der Seilbahnstation einfinden, damit diese Anzahl an Fahrgästen zustande kommt.
Auslastungsrechnung, wenn alle Busnutzer auf die Seilbahn umsteigen
Die oben aus dem Pro Bahn-Konzeptpapier abgeleitete Berechnung ergibt 55.500 Personenkilometer bei 42.000 Fahrgästen an einem Vorlesungstag.
Die Anzahl der Fahrgäste insgesamt, die auf den Südhöhen vom Haupthahnhof aus zum Schulzentrum Süd und zur Universität fahren, kann mit der Annahme abgeschätzt werden, dass ein Wuppertaler Linienbus im Durchschnitt mit 22,8 Fahrgästen belegt ist und damit als Gelenkbus eine Auslastung von 15,6% hat (Vergl.: Zahlen und Daten WSW Mobil 2013). In dieser Betrachtung wird für die Einsatzbusse zur Uni die Annahme getroffen, dass diese in die eine Richtung komplett gefüllt sind und leer zurückfahren. Wird die Anzahl der Busabfahrten ab Hauptbahnhof aus dem Fahrplan (Uni Express und Campus Freudenberg-Fahrplan: Stand Sommersemester 2015) ermittelt, kann damit die folgende Tabelle erstellt werden.
Auffällig ist die Diskrepanz zwischen den aus den Annahmen des Pro Bahn-Konzeptpapieres abgeleiteten Fahrgastzahlen von 42.000 an einem Vorlesungstag und den möglichen 23.000 Fahrgästen, die alle WSW-Busse zwischen Hauptbahnhof und Hahnerberg/Küllenhahn heute befördern dürften.
Wieso soll die Zahl der Seilbahnnutzer fast doppelt so hoch sein wie die Zahl der heutigen Busnutzer auf den gesamten Südhöhen?
Dabei ist zu berücksichtigen:
Seilbahn kommt für fast alle Fahrgäste zwischen den Seilbahnstationen gar nicht in Frage!
An dieser Stelle muss nochmals auf die Annahme hingewiesen werden, die dieser Berechnung zugrunde liegt. Trotz mehrfacher Anfrage an die WSW Mobil weigert sich das von der Stadt Wuppertal bestellte Verkehrsunternehmen bis heute (15. Oktober 2015), die tatsächlichen Fahrgastzahlen der Linien auf den Südhöhen zu veröffentlichen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Wird nun angenommen, dass alle Fahrgäste aller von Kürzungen betroffenen Busse – UniExpress, Campus Freudenberg und 645, CE64, CE65 fallen komplett weg – sowie alle Fahrgäste der wegfallenden Busse auf den ausgedünnten Buslinien – 603, 613, 625, 635 fahren nur noch im 30 Minuten-Takt –, so folgt daraus der Fahrgastpotential der Seilbahn gemäß der folgenden Tabellen.
Mit den aus den oben genannten Annahmen ermittelten Personenkilometer-Angaben kann nun die Auslastung der Seilbahn bestimmt werden.
Wie hier zu sehen ist, wird die Seilbahn um die 5% Auslastung erreichen. Die der Seilbahn wohlwollende Literatur gibt dagegen 20% bis 50% Auslastung an. Selbst mit den Annahmen von Pro Bahn wird die Seilbahn nur auf 13,7% Auslastung kommen, und hierfür müsste sich jeden Morgen die Besucherzahl eines gut gefüllten Stadion am Zoo am Hauptbahnhof in die Seilbahn quetschen. Wenn wirklich so viele Fahrgäste mit der Seilbahn fahren wollen, würden Wartezeiten von mehreren Stunden entstehen.
Die Seilbahn dürfte eine Auslastung um die 5% erreichen und damit in der Größenordnung der Koblenzer Touristenattraktion liegen.