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Kein Risiko für Anwohner unter der Trasse?

Für Anwohner der von den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) vorgeschlagenen Seilbahntrasse ist es ein beängstigendes Szenario. Bei einem Großbrand in einer Seilbahnstation reißt durch extreme Hitze das Trag- und Zugseil. Mit dem Seil fallen die Gondeln auf der Strecke zu Boden.

Was wie aus einer Szene eines Katastrophenfilms klingt, ist im Oktober des vergangenen Jahres in Nauders (Tirol/Österreich) tatsächlich passiert. Ein Feuer ist bei Umbauarbeitern in der Talstation der Zubringerseilbahn aus dem Ort in das Skigebiet ausgebrochen. Durch die Hitzeentwicklung ist das Zugseil der Bahn gerissen. Zum Glück sind keine Menschen zu Schaden gekommen. Das größte Problem in Nauders war es, die Seilbahn wieder so weit in Stand zu setzen, dass der Skibetrieb zu Beginn der Saison beginnen kann was man durch eine bemerkenswerte Leistung auch geschafft hat. Aber welche Auswirkungen hätte eine Solche Brandkatastrophe bei einer urbanen Seilbahn, deren Trasse direkt über Wohnhäuser führt?

Die in Wuppertal ins Gespräch gebrachte Seilbahn wäre eine Dreiseilumlaufbahn. Diese Bauart besteht aus zwei Tragseilen und einem Zugseil. Sie unterscheidet sich somit von der Gondelbahn in Nauders, die nur ein Trag- bzw. Zugseil hat. Jedoch führen die Seile einer Dreiseilumlaufbahn auch durch die Seilbahnstationen. Die Tragseile werden hier gespannt. Das Zugseil muss durch die Mittelstation geführt werden, an den Endstationen wird es umgelenkt bzw. angetrieben. Also besteht auch hier das Risiko, dass Seile im Brandfall entscheidend geschwächt werden.

Der Großbrand in Nauders zeigt in aller Deutlichkeit, dass dieses Gefahrenpotential bei modernen Seilbahnen nicht auszuschließen ist. Durch dichte vorhandene und geplante Bebauung an der Talstation am Döppersberg würde dieses Potential noch verstärken.

Talstation der Seilbahn mit Hauptbahnhof (links) und ehemaliger Bundesbahndirektion (rechts in Vordergrund). Das Bild zeigt das Seilbahnmodell der WSW
Talstation der Seilbahn mit Hauptbahnhof (links) und ehemaliger Bundesbahndirektion (rechts in Vordergrund). Das Bild zeigt das Seilbahnmodell der WSW

Die Trasse der zur Diskussion gestellten Seilbahn vom Döppersberg über die Universität bis auf Küllenhahn würde über zahlreiche Gebäude führen. Darunter sind Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Gartenlauben. Aber auch öffentliche Gebäude würden überflogen, zum Beispiel zwei Kindertagesstätten und die Mensa der Universität. Die Stationen sind mitunter mehrere hundert Meter entfernt und es besteht kein direkter Sichtkontakt. Es müssen Konzepte aufgezeigt werden, damit im Notfall alle Personen, die sich unter der Trasse aufhalten, informiert werden und den Gefahrenbereich verlassen können. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie das Räumungskonzept einer Seilbahn bei einem Brand in einer Seilbahnstation aussieht.

Seilbahnfenster

Eine Befürchtung von Anwohnern der von den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) ins Gespräch gebrachten Seilbahntrasse ist das Herauswerfen von Gegenständen aus den Gondeln. Auf der Website der Projektidee (Seilbahn2025.de) wird die Frage über dieses Thema folgendermaßen beantwortet.

In urbanen Bereichen werden Kabinen so konstruiert, dass Fenster und Türen während der Fahrt nicht selbstständig von den Fahrgästen geöffnet werden können. Somit sind Unfallrisiken durch herabfallende Gegenstände nicht gegeben.

(Seilbahn2025.de / Reiter FAQ, Abgerufen am 18. Januar 2016)

Wie die Realität  bei bisher gebauten Seilbahnen im urbanen Bereich aussieht, zeigen die folgenden Beispiele:

Seilbahn Koblenz

Bei der Seilbahn in Koblenz lassen sich Fenster selbstständig von den Fahrgästen öffnen. Man findet jedoch zumindest eine Schutzvorrichtung. Ein Gitter verhindert, dass größere Gegenstände aus einer der Gondeln geworfen werden können. Kleinere Gegenstände wie Zigaretten oder Kugelschreiber passen jedoch hindurch. Darüber hinaus kann das Gitter nicht verhindern, dass Flüssigkeiten aus den Fenstern gegossen werden.

Fenstergitter in der Seilbahn Koblenz
Fenstergitter in der Seilbahn Koblenz

Rittner Seilbahn in Bozen

Selbst Fenstergitter sind bei Seilbahnen im urbanen Bereich nicht selbstverständlich. Das zeigt das Beispiel der Dreiseilumlaufbahn in Bozen. Auch hier lassen sich Klappfenster von den Fahrgästen selbstständig öffnen. Es entsteht ein ausreichend großer Spalt, um beispielsweise Getränkeflaschen hinauszuwerfen.

Fenster in der Rittner Seilbahn in Bozen
Fenster in der Rittner Seilbahn in Bozen

Seilbahn Funchal (Madeira)

Auch bei der Seilbahn in Funchal, über die an dieser Stelle bereits berichtet wurde, lassen sich Fenster öffnen. Im Video ist zu sehen, dass auch hier keine Schutzvorrichtungen vorhanden sind.

Diese drei Beispiele zeigen, dass es bei bestehenden Seilbahnen durchaus ein Risiko durch herabfallende Gegenstände gibt. Normale Belüfüftungskonzepte würden für Anwohner unter der Wuppertaler Trasse nicht ausreichen. Falls der Planungsprozess für die Seilbahn 2016 angestoßen wird, müssen sich die Wuppertaler Stadtwerke auch mit diesem Thema auseinandersetzen. Generell gillt:

  • Direkte Belüftung (Fenster) bedeutet keine Sicherheit für Anwohner unter der Trasse
  • Indirekte Belüftung (Klimaanlage) bedeuten höhere Kosten

Einblick in die Privatsphäre

In einigen Beiträgen haben wir bereits auf unserer Website gezeigt, was Anwohnern bevorstehen würde, wenn eine Seilbahn über ihre Grundstücke und Häuser gebaut würde. Es wird beispielsweise nicht zu verhindern sein, das eigene Haus in Video-Portalen im Internet wieder zu finden.

Neben der Dreiseilumlaufbahn in Koblenz haben Mitglieder des Vereins Seilbahnfreies Wuppertal auch die Rittner Seilbahn in Bozen (Südtirol) besucht. Über die Lärmentwicklung der Bahn, den Schattenwurf der Gondeln und Ausfallzeiten der Anlage haben wir schon ausführlich berichtet. Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit dem Thema Privatsphäre der Anwohner am Beispiel der Rittner Seilbahn.

Rittner Seilbahn in Bozen
Rittner Seilbahn in Bozen

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gondeln. Diese sind nicht wie beispielsweise die Gondeln der Seilbahn in Koblenz durchgehend bis zum Boden verglast. Nur an den Seiten befinden sich bodentiefe Fenster. In Fahrtrichtung reichen die Fenster jedoch nicht bis zum Boden. Darüber hinaus unterscheidet sich  auch die Anordnung der Sitze von den Gondeln in Koblenz. Die Bänke bilden eine U-Form entlang der Fenster.

Gondel in der Bergstation der Rittner Seilbahn
Gondel in der Bergstation der Rittner Seilbahn

Auf die Frage, wie die Privatsphäre der Anwohner gewährleistet werden kann, wurde seitens der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) geantwortet, dass Gondeln ja nicht bis zum Boden verglast werden müssen. Auf diese Weise würde die Situation ein wenig entschärft. Leider zeigt das Beispiel Bozen, dass eine solche Gestaltung einer Seilbahngondel keinerlei Verbesserungen bringen wird. Trotz kleinerer Fensterflächen und der Sitzbank vor den Fenstern lassen sich mühelos Bilder oder Videos von Gebäuden unterhalb der Trasse machen. Das Blickfeld der Fahrgäste ist kaum eingeschränkt. Das unten stehende Foto wurde mit einem aktuellen Smartphone gemacht.

Bild aus der Gondel über dem Stadtgebiet von Bozen
Bild aus der Gondel über dem Stadtgebiet von Bozen

Unserer Meinung nach wäre der Einblick auf Gärten, Balkone oder auch in die Gebäude erschreckend. Die Menschen entlang der geplanten Seilbahntrasse müssen mit massiven Einschränkungen rechnen.  Bei einem Gondeltakt von ca. 30 Sekunden zu den Stoßzeiten ist ständig eine Gondel in der Nähe. Das eigene Grundstück ist pausenlos aus der Vogelperspektive unter Beobachtung.

Weder auf den Infoveranstaltungen der Stadtwerke noch auf den Fahrten nach Koblenz konnte man den Anwohnern Konzepte präsentieren, wie ihre Privatsphäre bei Realisierung des Seilbahnprojektes berücksichtigt werden kann.

Banner in der Wuppertaler Südstadt

Ihre Ablehnung gegenüber des Wuppertaler Seilbahnprojektes zeigen immer mehr Bürger in Form von Bannern. Der Verein Seilbahnfreises Wuppertal hat nicht nur das Logo-Banner kreiert, sondern auch eine Vielzahl verschiedener Banner mit Schlagwörten  und Argumenten, die gegen eine Seilbahn über der Wuppertaler Südstadt sprechen. Diese findet man an verschiedenen Stellen im gesamten Stadtteil, vorrangig entlang der geplanten Trasse.

Auswahl an Bannern von Seilbahnfreies Wuppertal
Auswahl an Bannern von Seilbahnfreies Wuppertal

Von führenden Seilbahnherstellern NICHT empfohlen

Die Bürgerinitiative „Seilbahnfreies Wuppertal e.V.“ bekommt unerwartete Unterstützung von führenden Seilbahnherstellern. Diese geben einer urbanen Seilbahn in Europa, hinweg über bewohntes Gebiet, keine Chance!

Treffen Seilbahnkritiker (Bürgerinitiative) und Seilbahnbefürworter (Politik & Stadtwerke) aufeinander, fällt Aussenstehenden eine Bewertung anhand der Fülle von Argumenten und Fakten oft schwer. Die Mitglieder von „Seilbahnfreies Wuppertal“ haben in ihrer Freizeit unzählige Stunden investiert, um das Thema in allen Aspekten zu beleuchten. Ganz im Gegensatz zu den Wuppertaler Stadtwerken, welche sich ausschließlich auf drei Dokumente einiger Studenten der Universität Wuppertal, einem Mitglied des Vereins ProBahn und einem selbst ernannten Experten „Seilbahnprofi.de“ zu verlassen scheinen. Anders ist es nicht zu erklären, dass die meisten unserer Fragen von den WSW nicht konkret beantwortet werden. Der Tenor lautet:

Für genauere Untersuchungen bezüglich Seilbahn braucht die WSW einen Auftrag der Politik.

Man kann es ihnen eigentlich kaum verübeln, ist die finanzielle Situation doch nahezu desaströs und jede Betrachtung mangels eigenem KnowHow mit weiteren Ausgaben verbunden. Mancher könnte gar zu dem Schluss kommen, wenn kaum Mittel zur hinreichenden Betrachtung einer Idee vorhanden sind, wie soll dann die Umsetzung selbst zu stemmen sein?!

Dabei könnte es doch so einfach sein, würde man nur die richtigen Leute fragen. Gute Optionen gibt es trotz der relativ neuen Idee, Seilbahnen als ÖPNV-Mittel einzusetzen. Prof. Dr. Fiedler und Prof. Dr. Monheim sind in Deutschland Koryphäen auf dem Gebiet der Verkehrswissenschaft. Letzterer war sogar in der Vergangenheit als Berater des weltweit führenden Seilbahnherstellers Doppelmayr tätig. Beide Experten scheinen sich im Falle der geplanten Wuppertaler Seilbahn unumwunden einig, ihre Kritik lässt nur einen Schluss zu: Das Projekt ist eine absolute Fehlplanung! Über die wichtigsten Aussagen haben wir in den folgenden Artikeln bereits berichtet:

Wem wissenschaftlich arbeitende, unabhängige Experten nicht genügen, darf alternativ auch die beiden führenden Hersteller für große Seilbahn-Systeme, die Firmen Doppelmayr und Leitner befragen. Wer glaubt, diese würden ohnehin nur ihre Produkte verkaufen wollen und das blaue vom Himmel versprechen, irrt. Selbst diese Unternehmen glauben nicht an eine Seilbahn über bewohntem Gebiet. Michael Tanzer von Leitner sieht zum Beispiel bei Schrebergärten ein großes Problem, von denen in Wuppertal gleich vier überflogen werden sollen:

Michael Tanzer, Head of Sales Österreich der Leitner AG:
„Ein interessantes Beispiel: wir haben uns sehr intensiv damit befasst, wo eine Seilbahn stehen könnte, die ins öffentliche Netz eingebunden wird. Irgendwann waren die Schrebergärten Diskussionspunkt: in Deutschland würde es nie erlaubt werden, darüber die Seilbahn laufen zu lassen. Mit diesen Restriktionen wäre die Seilbahn in Caracas nie möglich gewesen. Das ist in Mitteleuropa eine sehr anspruchsvolle Gesetzgebung. Ein weiterer Aspekt ist der Schattenwurf der Seilbahn als unmittelbares Kriterium für eine Zulassung bzw. Ablehnung. Wie viel Schatten verträgt der Anwohner unter der Seilbahn? Da wird also auf hohem Niveau über Verträglichkeit diskutiert.“

Schattenwurf wurde bereits Stolperstein für Windkraftanlagen, welche in der Regel nur noch in ausreichender Entfernung zu bewohnten Gebäuden gebaut werden. Wieso sollten die massiven, alle 30 Sekunden auftretenden Schatten plötzlich kein Problem für Wuppertaler Bürger entlang der Trasse sein?!  (wir berichteten bereits)

Auch der viel gepriesene Vorteil der kürzeren Reisezeit wurde von uns bereits entlarvt. Wolfram Auer von Doppelmayr ergänzt mit seiner Aussage unsere Kritik an der Sinnhaftigkeit und Effizienz. Gibt es im Seilbahnkorridor eine Alternative per Buslinie, wird diese immer effizienter und vor allem preiswerter sein:

Wolfram Auer, Verkauf und Projektierung Deutschland der Doppelmayr Seilbahnen GmbH:
„Eine Seilbahn braucht zwischen 1-2 Minuten, um eine Station zu durchfahren und bis die Kabine auf der anderen Seite wiederherauskommt. Der Bus kann innerhalb von wenigen Sekunden wieder weiterfahren. Also muss man sich sehr genau überlegen für was man die Seilbahn einsetzen will. Die Seilbahn ist sehr gut für eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung oder für eine Verbindung mit drei oder vier Stationen, die allerdings in Abständen von mindestens einem Kilometer aufgestellt sind. Wenn der Abstand zu klein ist, dann fällt oft auch der Vergleich mit den anderen Verkehrsmitteln schwer. Gerade auch wenn wir uns im öffentlichen Straßenraum befinden, wo es einen Korridor gibt, in dem beispielsweise ein Bus fahren kann. Wenn man dem eine eigene Spur gibt, dann ist dieser doch viel effizienter und meistens auch deutlich günstiger als die Seilbahn. Aber wenn es über Hindernisse hinweggeht, dann kann der Bus aufgrund der vielen Umwege schon nicht mehr so schnell sein.“

Das führt unausweichlich zu dem Schluss, den Verkehrsexperten beim Vergleich zwischen Bus und Seilbahn schon lange predigen. Eine Seilbahn macht nur da Sinn, wo eine Anbindung mit einem Bus gar nicht oder nur mit großen Umwegen möglich ist. Als Beispiel sei Koblenz genannt, wo es eine Klippe und einen Fluß zu überwinden gilt und eine Route über Straßen rund 8x so lange ist wie die Seilbahnstrecke.

Während auf der ganzen Welt Seilbahnprojekte in urbanen Gebieten zeigten, dass die tatsächlichen Kosten die Planung um den Faktor zwei bis fünf übertrafen (z.B. London, Weißenstein, Portland, Rio de Janeiro), glauben die Wuppertaler Stadtwerke tatsächlich, die Verbindung zwischen Döppersberg und Küllenhahn für 51 Millionen Euro umsetzen zu können. Dabei geben sie offen zu, die Finanzierung lediglich über eine Excel-Tabelle mit 6 (!) Zeilen geprüft und diverse wichtige Posten noch gar nicht darin kalkuliert zu haben (z.B. Gutachten, Entschädigungszahlungen, Preissteigerungen der nächsten 10 Jahre, zeitgemäße Architektur für Stützen und Stationen, Park&Ride Parkplätze). Im Vergleich mag man also befürchten können, dass das Projekt Seilbahn2025 tatsächlich am Ende zwischen 100 und 150 Millionen Euro kosten könnte. Bei derartigen Investitionen hält Michael Tanzer (Leitner) einen erfolgreichen Betrieb nur mit Ausschüttungen aus dem Verkehrsverbund nicht für möglich:

Michael Tanzer zur geplanten Seilbahn in Hamburg:
„Eine strategische Überlegung: wenn der HVV eine Seilbahn mit 5 Station bauen will, dann belaufen sich die Investitionskosten auf 150-200 Mio. €. Wir bauen das, wir betreiben das und das würde so und so viel Steuergelder verschlingen. Wenn das jetzt ein privater Investor machen würde (z.B. die Stage Entertainment), wollen diese am Ende des Tages mit der Anlage auch Geld verdienen. Dann wird das nicht mit 30 Cent [Erstattung pro Fahrt aus dem Verkehrsverbund, Anmerkung BI] abgetan sein, sondern mit einem durchschnittlichen Fahrpreis zwischen 15-17 € pro Strecke.“

Würde also ein privater Investor die Seilbahn in Wuppertal betreiben, wäre ein Fahrpreis von 10-15 € pro Fahrt anzunehmen, um die Kosten für Installation und Betrieb decken zu können. Derlei Rechnungen gingen bereits bei der Barmer Bergbahn und der Wuppertaler Straßenbahn in die Hose. Wollen wir in Wuppertal also wirklich in ein paar Jahren eine aus finanziellen Gründen still gelegte Seilbahn über der Stadt hängen haben? Vielleicht sind rostige Gondeln aber tatsächlich irgendwann ein touristischer Magnet, so wie heute in Tschiatura, Georgien.

Die Wartung einer Seilbahn ist anspruchsvoll und Bedarf regelmäßiger Stillstandszeiten. Wie wir bereits anhand der Bozener Seilbahn feststellen konnten, sind diese schon planmäßig höher, als die Studien der WSW versuchen darzulegen. Dabei sind witterungsbedingte Ausfälle durch starke Windböen oder Gewitter noch gar nicht abgeschätzt. Eine Sommersaison wie in Skigebieten, wird es bei einer ÖPNV-Seilbahn wie in Wuppertal nicht geben, in der man notwendige Wartungen durchführen könnte. Doppelmayr traut gar Städten bzw. Stadtwerken den ganzjährigen Betrieb einer Seilbahn erst gar nicht zu:

Michael Doppelmayr:
„Ja, auch die Bahnen in London und Lissabon. Wir betreiben auch den Großteil der Cableliner. Das betrifft aber nur Sommerbahnen und eher urbane Bahnen. Das liegt daran, dass die Kommunen ja nicht spezialisiert sind, eine Bahn zu betreiben. Also schreiben sie das aus und wir bewerben uns natürlich auch. Zum einen sind wir generell interessiert, diese Bahnen zu betreiben, zum anderen nimmt es Städten auch die Hürde für den Bau. Man darf nicht vergessen, dass es da ja auch technische Hürden gibt. Eine Bahn in einem Skigebiet hat etwa keine Probleme mit der jährlichen Wartung. Wenn die Saison vorbei ist, stellt man sie eben ab und wartet sie. Bei einer urbanen Bahn geht das nicht – da muss die Bahn im laufenden ­Betrieb gewartet werden.

Sollten der WSW Kosten, Effizienz und Sinnhaftigkeit letztendlich völlig egal sein, bliebe ein wichtiger Punkt, der nicht nur nach unserer Meinung unüberwindbar ist. Zu diesem Schluss kommt auch Doppelmayr nach der Prüfung der Idee einer urbanen Seilbahn in Europa. Besonderes Augenmerk lag dabei von Anfang an auf dem im Grundgesetz verankerten Recht auf Privatsphäre, welches selbst ein größenwahnsinniges Wuppertal nicht beugen können wird:

Michael Doppelmayr, Holdingvorstand der Doppelmayr Holding AG:
In Mitteleuropa wird es Seilbahnen in der Stadt nie geben. Das ist vor allem ein generelles rechtliches Problem. Grundstückseigentümer haben hier einen hohen Stellenwert. Fährt eine Seilbahn über ein Gebäude, verletzt es im Grunde Eigentumsrechte. Es wird also bei uns wohl kaum passieren, dass man wie in La Paz ganze Städte mit Seilbahnen aufarbeitet.“

Wenn sich also ausgewiesene Verkehrsexperten und führende Seilbahnhersteller absolut einig sind, dass die Wuppertaler Planung ein Schuss in den Ofen ist, wieso zum Himmel sollte ein Stadtrat voller Laien auch nur auf die Idee kommen, dass dieses Projekt fortgeführt werden sollte?!

Die aktuellen Planungen haben die WSW und somit unsere Stadt bereits genug Geld und Zeit gekostet, was für deutlich sinnvollere Ideen und Projekte hätte eingesetzt werden können. Wir fordern daher ausdrücklich, dass die Politik diesen Irrsinn schleunigst beendet und es damit anderen wohlhabenderen Städten (z.B. Aachen, Wolfsburg, München, Hamburg) gleich tut, die einer urbanen Seilbahn bereits eine Absage erteilt haben!

Quellen der Zitate:
1. 07.10.2015 Wirtschaftsblatt - „Seilbahnen in der Stadt wird es in Europa nie geben“
2. 20.06.2013 Nexthamburg - Expertencheck - Eine Seilbahn für Hamburg?

Seilbahnlärm ist ein Problem

Wie schon in anderen Beiträgen unseres Blogs berichtet, gibt es in mehreren deutschen Städten die Idee, eine Seilbahn zu bauen. Unsere Recherchen haben gezeigt, dass es neben den bereits genannten Städten auch in Stuttgart  Überlegungen für eine neue Seilbahntrasse gibt. Hier soll der Ort Rotenberg mit der Innenstadt verbunden werden. Bemerkenswert ist aus unserer Sicht folgendes Zitat aus einem Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 29.07.2015:

Führt die Bahn durch Weinberge, fallen laut Klausegger zwei weitere Probleme weg: Der Lärm der Anlage störe nicht, weil unter den Masten keine Wohnhäuser stünden. „Und die Anwohner behalten ihre Privatsphäre, wenn die Strecke nicht über deren Gärten hinweg führt.“

Raimund Klausegger ist Designer von Verkehrsmitteln der Zukunft bei der Firma Spirit Design in Österreich.

Interessant: Sobald eine Seilbahn nicht über Wohnhäuser führt, wird offen von einem Lärmproblem gesprochen. In Wuppertal dagegen wurde von Anfang an versucht zu vermitteln, dass Seilbahnen lautlos oder Seilbahnlärm zu vernachlässigen wäre.

Schattenwurf

Über die „Schattenseiten“ des einer möglichen Seilbahn über der Wuppertaler Südstadt wurde vor einigen Wochen an dieser Stelle bereits berichtet. Das folgende Video von der Rittner Seilbahn in Bozen unterstreicht zusätzlich, dass der Schattenwurf durchaus ein ernstzunehmendes Thema für Anwohner ist.

Bitte stellen Sie sich vor, Sie wollen nachmittags an einem schönen Sommertag in Ihrem eigenen Garten entspannen. Vielleicht auf einem Liegestuhl in Ruhe lesen oder Zeit mit der Familie verbringen. Und nun stellen Sie sich vor, dass mehrmals in der Minute eine Seilbahngondel einen Schatten in Ihren Garten wirft,  etwa so groß wie eine Garage. Wir sind nicht der Ansicht , dass dies irgendwann keiner mehr wahr nehmen wird.
Vom Schattenwurf wären nicht nur  Anwohner direkt unter der Trasse betroffen. Abhängig von der Tageszeit und der Position entlang der Trasse würde  der Schattenwurf mehrere hundert Meter weit reichen. Im folgenden Video wurde der Schattenbereich der zur Diskussion gestellten Trasse analysiert.

OB Jung: „Ich glaube, das wird irgendwann keiner mehr wahrnehmen.“

Herr Jung hat der Cronenberger Woche vom 28./29.08.2015 ein bemerkenswertes Interview gegeben, in dem er sich auch zu dem Seilbahnprojekt nochmals positioniert hat:

Ich sehe die Seilbahn als eine große Chance. Ich glaube, wir diskutieren in diesem frühen Stadium schon viel zu sehr um Einzelfragen. Viele große Fragen sind noch zu lösen, bevor man in ein Planfeststellungsverfahren einsteigen kann. Die Finanzierung ist ohne die entsprechenden öffentlichen Zuschüsse überhaupt nicht denkbar. Deshalb müssen wir zunächst darum kämpfen, dass der VRR die Finanzierung zum großen Teil übernimmt. Ich habe großes Verständnis für diejenigen, die davon direkt betroffen sind. Ich glaube aber, dass sich die Proteste derjenigen relativieren, die nur kritisieren, dass über ihr Haus geschwebt wird. Ich glaube, das wird irgendwann keiner mehr wahrnehmen. Ich denke, wenn wir nicht in Wuppertal eine solche Chance nutzen, da wir hier einmal so etwas Bahnbrechendes gebaut haben wie die Schwebebahn, wo sollte das dann entstehen. Wer die Busse sieht, die sich morgens durch die Südstadt quälen, der muss doch sagen: Es ist aller Mühen wert, das Seilbahn-Projekt zu versuchen, die das alles viel erträglicher machen würde.

Meint Herr Jung allen Ernstes, dass Gondeln in der Größe von Kleinbussen, die alle 16 Sekunden in ca.  20 Metern über privaten Grundstücken fliegen, irgendwann nicht mehr wahrgenommen werden ?

Wann werden die „vielen großen Fragen“ geklärt ? Müsste das nicht vor einem Ratsbeschluss zu einem Planfeststellungsverfahren erfolgen ?

Am gleichem Wochenende (!) hat sich Herr Jung für den Erhalt „hochattraktiver Wohngebiete“ am Lichtscheid ausgesprochen.

Wer wie OB Jung die Ziele und Argumente der BI „Keine Forensik auf Lichtscheid“ unterstützt, kann nicht gleichzeitig die Kritik von Anwohnern der Südstadt kleinreden ! 

Das komplette Interview kann hier nachgelesen werden. Die Gesamtausgabe der Cronenberger Woche vom 28./29.08.2015 kann unter diesem Link aufgerufen werden.

Störung der Privatsphäre – Vergleich zwischen Schwebebahn und Seilbahn

Der Verkehrsexperte Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Joachim Fiedler und emeritierter Inhaber des Lehrstuhls für öffentlichen Personennahverkehr an der Bergischen Universität Wuppertal, hat seine Gedanken zum Thema „Sich durch Seilbahn-Überfahren behelligt fühlen“ veröffentlicht.

Hierin beschreibt er, was eigentlich jeder kennt. Sitzt man zum Beispiel in einem Zug, der mit 100km/h fährt, kann man prima die entfernt liegende Landschaft betrachten und auch Einzelheiten erkennen. Begegnet man aber einem Zug, der sich in entgegengesetzter Richtung bewegt, lässt sich nichts von diesem oder seinen Insassen erkennen.
Einen ähnlich unterschiedlichen Effekt beschreibt er beim Vergleich der Vorbei- bzw. Überfahrt der Schwebebahn bzw. Seilbahn.

Nicht zuletzt sind die Wohnung an der Schwebebahn (z.B. Vohwinkel) in der Regel so ausgerichtet, dass die intimen Zimmer hinten raus gelegen sind. Die Seilbahn soll allerdings quer über private Hausgärten und Dachfenster mit Badezimmern hinweg führen.

Seine komplette Stellungnahme finden Sie folgend:

Es lohnt sich, über die Einflussfaktoren des gefühlten Beobachtetwerdens nachzudenken. Immer wieder meinen vor allem Auswärtige, die Anwohner der Kaiserstraße müssten sich doch in ihren Wohnungen durch vorbeifahrende Schwebebahnfahrgäste geradezu „inspiziert“ fühlen. Antwort: Nein. Und warum nicht? Ganz einfach: Die Bahn fährt zu schnell und zu nah an den Fenstern vorbei, d.h. die „Wahrnehmungsdauer“ ist einfach zu kurz.

In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Seilbahn ganz wesentlich von der Schwebebahn. Ja, es kommen sogar Zweifel an der gepriesenen Überflughöhe von 40 bis 70 m auf. Bei größerer Entfernung zwischen Betrachter und Objekt  nimmt die Wahrnehmungsqualität (ohne gute Kameras) – sprich Bildschärfe – zwar ab, die Basis des Sichtkegels aber zu, wodurch die Wahrnehmungsdauer vergrößert wird. Das gilt übrigens in beiden Richtungen, also von der Seilbahn auf die rund 250 Kleingärten und umgekehrt, was das Unwohlsein der Kleingärtner – als Beispiel – verlängert … und zudem die fast ketzerische Frage aufwirft, ob urbane Seilbahntrassen nicht weniger störend möglichst niedrig über Mietshäusern verlaufen sollten, vorausgesetzt der Lärm vorbeifahrender Kabinen ist nahezu Null. Das erträgliche Optimum zwischen den genannten Aspekten wäre zu erforschen.

Kriterien für etwaige „Schmerzensgeldansprüche“ könnten sein: Entfernung zwischen Kabinentrasse und Betroffenen, Wahrnehmungsdauer und Fahrzeugdichte. Das Ergebnis einer solchen Studie  könnte dann zu unterschiedlich breiten „Schutzkorridoren“ führen, wie man es vom U-Bahn-Bau wegen denkbarer Erschütterungsschäden durchaus kennt.

Immobilien von Seilbahnanwohnern werden YouTube Stars

Bei unseren Recherchen sind wir auf „spannende“ Videos gestoßen, in denen die Immobilien von Anwohnern von Seilbahn-Trassen unfreiwillig YouTube-Stars wurden.

Folgend ein Beispiel, wie eindringlich Blicke aus einer Seilbahn werden können und der Beweis, dass man sich vor der Veröffentlichung im Internet kaum schützen können wird.
Wenn man genau hinsieht, haben viele betroffene Terrassen einen Sichtschutz installiert. So müssten auch in Wuppertal – ob Sonne oder nicht – die Anwohner an der geplanten Seilbahntrasse ihre Privatsphäre versuchen zu schützen.