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„Es ist wie wenn wir aus einer Umklammerung befreit werden, wenn sie stillsteht“

Wie ist es eigentlich, direkter Nachbar einer Seilbahn zu sein. Wir haben Verena getroffen. Sie wohnt direkt neben der Seilbahn in Welschnofen. In einem Gespräch mit ihr erzählt sie über das Leben neben der Seilbahn mit Dauerbeschallung. Sie erläutert die Auswirkungen auf das Familienleben. Und sie beschreibt die Bemühungen der Nachbarschaft gegen den Lärm vorzugehen, die Reaktionen von offizieller Seite und wie andere Dorfbewohner auf die Probleme der Seilbahnanwohner reagieren.

Weitere Videos finden Sie in unserem Youtube-Kanal.

Seilbahnlärm

Rattern und Brummen – eine Seilbahn verursacht viel Lärm. Im Rahmen einer privaten Reise haben Vereinsmitglieder einen Eindruck von Seilbahnlärm bekommen und in einem kurzen Video festgehalten. Das Video wurde an der Talstation der Gondelbahn Laurin I in Welschnofen in Südtirol aufgenommen. Machen Sie sich in diesem Video selbst ein Bild davon, wie laut eine Seilbahn ist.

Seilbahnlärm: Geräuschbelastung an der Durchgangs- bzw. Umlenkstation

In unserem letzten Blogbeitrag zum Thema Seilbahnlärm haben wir die Geräuschbelastung an der Antriebsstation beschrieben. Die Seilbahn in Wuppertal hätte jedoch zwei weitere Stationen – ohne Antrieb. Auch für die Umlenkstation finden sich Angaben von der Rittner Seilbahn in Bozen. Wie zu erwarten, wurden hier an der Talstation (Umlenkstation ohne Antrieb) geringere Messwerte als an der Antriebsstation gemessen. Doch was bedeutet das genau? Wie hoch ist wäre die Geräuschbelastung?

Talstation der Rittner Seilbahn in Bozen
Talstation der Rittner Seilbahn in Bozen

Auch an der Talstation ist Lärm ein Problem. Im  Artikel von Südtirol Online (31.09.2009) wurden auch für die Talstation angaben gemacht:

An der Talstation der Rittner Seilbahn in Bozen hat man eine Überschreitung des Grenzwerts in der Nacht festgestellt. Zwischen 22 und 23 Uhr wurden dort Werte von 49,5 Dezibel gemessen.

Überträgt man diese Werte auf die Seilbahn in Wuppertal, würde dies eine Grenzwertüberschreitung ab 22 Uhr für Wohngebiete bedeuten. Welche Gebiete hiervon betroffen wären, zeigen die folgenden Bilder der Mittel- und Talstation. In unmittelbarer Nachbarschaft der Mittelstation würde sich das Caritas-Altenzentrum Augustinusstift befinden. Hierfür gelten noch schärfere Vorschriften bezüglich der Lärmbelastung (tagsüber 45dB(A) und nachts 35dB(A)).  Also würden auch hier die Grenzwerte tagsüber überschritten.

Mittelstation in südlicher Richtung: Geräuschbelastung für die Straßen im Ostersiepen, Guerickeweg bis hin zur Cläre-Blaeser-Straße einschließlich des Kleingartenvereins XXX
Mittelstation in südlicher Richtung: Geräuschbelastung für die Straßen im Ostersiepen, Guerickeweg bis hin zur Cläre-Blaeser-Straße einschließlich der Kleingartenanlage

Lärmbelastung der Talstation für die Straßen Distelbeck, Kieselstraße und Gambrinusstraße
Lärmbelastung der Talstation für die Straßen Distelbeck, Kieselstraße und Gambrinusstraße

 

Seilbahnlärm: Geräuschbelastung an der Antriebsstation

Dass Lärm bei Seilbahnen entlang der Strecke und an den Stützen eine Belastung für Anwohner darstellt, haben wir in mehreren Beiträgen an dieser Stelle bereits gezeigt. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit der Lärmbelastung, die Nachbarn der Antriebsstation betreffen würde.

Die Wuppertaler Stadtwerke beantworten die Frage nach Seilbahnlärm an Stationsgebäuden auf Ihrer Website (Seilbahn2025.de) folgendermaßen:

Die wesentliche Lärmquelle bei einer modernen Dreiseilumlaufbahn ist der Antrieb. Bei der Seilbahn in Wuppertal befände sich der Antrieb auf Küllenhahn. Lärmimmissionen können hier durch bauliche Lösungen gering gehalten werden.

Seilbahn2025.de; Abgerufen am 27. Februar 2016

In der Realität ist Lärm an einer Antriebsstation einer Dreiseilumlaufbahn ein echtes Problem. Das zeigt die Rittner Seilbahn in Bozen. In einem Artikel von Südtirol Online vom 31.09.2009 wird über massive Lärmprobleme in Bozen durch die Seilbahn berichtet. Direkt nach der Eröffnung der Anlage im Frühjahr 2009 sind somit Probleme mit der Lärmentwicklung an den Stationen aufgekommen.

Folgende Angaben werden über die Bergstation mit Antrieb der Anlage gemacht:

In Oberbozen hatte man drei Lärm-Messstationen rund um die Bergstation installiert. Rechts der Station wurden 59 Dezibel tagsüber und 70 Dezibel nachts gemessen. Der hohe nächtliche Wert sei auch darauf zurückzuführen, dass aufgrund der hohen sommerlichen Temperaturen die Türen zum Motorraum geöffnet worden seien, um den Motoren Kühlung zu verschaffen.

Und im weiteten Verlauf:

Die Messinstrumente links der Bergstation haben dagegen Werte von 60 Dezibel tagsüber und 61,5 Dezibel nachts angezeigt. An der dritten Messstation, die in einiger Entfernung zur Bergstation angebracht worden war, wurden keine Grenzwert-Überschreitungen gemessen, dafür aber ein Summen wahrgenommen.

Bergstation der Rittner Seilbahn umringt von Wohngebäuden des Ortes Oberbozen
Bergstation der Rittner Seilbahn umringt von Wohngebäuden des Ortes Oberbozen

Es wurden also Lärmgrenzwerte an der Antriebsstation überschritten, und das an den Seiten des Gebäudes bei geschlossenen Türen. In Fahrtrichtung ist das Gebäude jedoch geöffnet, da hier die Gondeln hinaus- und hereinfahren. In diese Richtung stehen in Oberbozen keine Wohngebäude in unmittelbarer Nähe. Die Situation in Wuppertal sähe jedoch anders aus, wie das folgende Bild zeigt:

Die Bergstation Küllenhahn würde mit der Öffnung in nördlicher Richtung Geräuschbelastungen für die Anwohner im Bereich Lavaterweg, Jung-Stilling-Weg und am Wolfshahn bedeuten
Die Bergstation Küllenhahn würde mit der Öffnung in nördlicher Richtung Geräuschbelastungen für die Anwohner im Bereich Lavaterweg, Jung-Stilling-Weg und am Wolfshahn bedeuten

Leider sind im Artikel von Südtirol Online keine Angaben zu Messentfernungen gemacht worden. Es ist aber anzunehmen, dass die Lärmmessungen direkt an den umliegenden Häusern durchgeführt worden sind, da es ja auch von den Anwohnern Beschwerden gab. Wenn die Messungen in ca. 50m Entfernung von der Seilbahnstation durchgeführt worden sein und dort ein Schalldruckpegel von ca. 60dB(A) dann würde im freien Feld erst nach zwei Kilometern der in Deutschland für die Nacht geltenden Grenzwert erreicht werden. In der Realität würde der Schalldruckpegel aber stärker gedämpft werden, da die Bergstation an drei Seiten von Häusern umgeben wäre.

Seilbahnlärm: Geräuschbelastung an Stützen

Lärm bei einer Seilbahn? Dies scheint auf den ersten Blick ein zu vernachlässigendes Problem zu sein. So schreiben die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) auf der Projekt-Website Seilbahn2025.de:

Das System Seilbahn liegt beim Vergleich der Lärmintensitäten deutlich unter dem des Busses bzw. dem des PKW-Verkehrs. Aufgrund technischer Gegebenheiten sind die Abstände der Lärmquellen zur Wohnbebauung beim System Seilbahn sehr groß. Im Vergleich dazu sind die Lärmquellen des Straßenverkehrs insbesondere in Innenstadtbereichen mitunter sehr nah an Wohngebäuden.

Seilbahn2025.de; Abgerufen am 27. Februar 2016

Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass Seilbahnlärm nicht zu vernachlässigen ist. In einer Serie von mehreren Blogbeiträgen werden wir das Thema Lärm ausführlich behandeln. Zunächst beginnen wir mit der Lärmentwicklung an Seilbahnstützen. Bei der aktuell vorgeschlagenen Strecke würden Stützen in direkter Nachbarschaft von Wohnhäusern stehen. Informationen zu den Stützenpositionen haben wir in der Rubrik Trassendetails zusammengestellt.

In der Rubrik FAQ der Projekt-Website werden die WSW in ihren Angaben zum Thema Seilbahnlärm bei Stützen etwas konkreter. Gleichzeitig wird jedoch auch klar gestellt, dass genaue Werte noch gar nicht vorhanden sein können:

Geräusche auf der Strecke entstehen lediglich beim Überfahren der Stützen. Hierbei entstehen Geräuschbelastungen von ca. 40 db(A). Zum Vergleich: Der Lärm einer normalen Verkehrsstraße erzeugt bis zu 80 db(A). Während der Fahrt in luftiger Höhe wird die Seilbahn in Bodennähe kaum zu hören sein. Konkrete Werte wurden im Rahmen der technischen Vorstudie nicht berechnet. Ein gesondertes Lärmgutachten wäre Bestandteil einer Umweltverträglichkeitsprüfung im weiteren Genehmigungsverfahren.

Seilbahn2025.de; Abgerufen am 27. Februar 2016

Bei der Geräuschentwicklung an Seilbahnstützen stellt sich die Frage, auf welchen Abstand sich die Angabe von 40dB(A) bezieht. Wären sie im Abstand von einem Meter von der Stütze gemessen worden, wäre das Lärmproblem tatsächlich zu vernachlässigen.  Es kämen weniger als 10dB(A) bei einer 64 Meter hohen Stütze am Boden an. Das entspräche einem Blätterrascheln in der Ferne. Üblicherweise wird aber im freien Feld keine Messung in einem Meter Entfernung durchgeführt, sondern an einem Messpunkt, den die Behörde festlegt. Es geht schließlich um die Geräuschbelastung von Mensch und Tier durch eine technische Anlage. Würden die 40dB(A) am Boden neben einer 64m hohen Stütze gemessen werden, hätten Anwohner direkt  bei der Stütze ständig (6Uhr bis 23Uhr) einen Geräuschpegel zu dulden, der einem Gespräch zwischen zwei Personen entspräche.

Da sich der Schallpegel mit Verdopplung des Abstandes im freien Feld um 6dB(A) verringert, hätte man erst in ca. 250m 30dB(A) erreicht. 30dB(A) entspricht, laut Lärmtabellen dem ticken von Uhren. Der Wert von 10dB(A) würde erst nach ca. 4km erreicht. Wie sind diese Werte ermittelt worden? Ganz einfach. Der Schalldruckpegel nimmt mit Verdopplung des Abstandes um 6 dB(A) ab (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schalldruckpegel)

Beispiel:

Im Abstand von z.B. 64 Metern (Stützenhöhe) werden 40dB(A) gemessen. In 128 Metern werden dann 34dB(A) gemessen und in 256 Metern wären es noch 28dB(A).

Diagramm_Schallpegel_Entfernung

Die gesetzlichen Grenzwerte für Schallimisionen liegen in Deutschland in reinen Wohngebieten tagsüber bei 50dB(A) und Nachts bei 35dB(A). In dem obigen Szenario würde das bedeuten, dass ein Haus in unmittelbarer Nähe der Stütze tagsüber im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben belästigt wird und ab 22 Uhr Lärmgrenzwerte überschritten würden.

Anwohner in direkter Nachbarschaft von Seilbahnstützen würden unter permanteter Lärmbelastung bei Betrieb der Seilbahn leiden
Anwohner in direkter Nachbarschaft von Seilbahnstützen hätten eine permanenter Lärmbelastung bei Betrieb der Seilbahn zu dulden.

Übrigens: Dass die Gondeln des Systems Dreiseilumlaufbahn doch in Bodennähe deutlich zu hören sind, haben wir an dieser Stelle bereits im letzten Jahr aufgezeigt. Ein Besuch der Dreiseilumlaufbahn in Bozen hat überraschend gezeigt, dass auch auf offener Strecke, fernab von Stützen und Stationsgebäuden, mit Geräuschbelastung der einzelnen Gondeln zu rechnen ist.

Seilbahnlärm ist ein Problem

Wie schon in anderen Beiträgen unseres Blogs berichtet, gibt es in mehreren deutschen Städten die Idee, eine Seilbahn zu bauen. Unsere Recherchen haben gezeigt, dass es neben den bereits genannten Städten auch in Stuttgart  Überlegungen für eine neue Seilbahntrasse gibt. Hier soll der Ort Rotenberg mit der Innenstadt verbunden werden. Bemerkenswert ist aus unserer Sicht folgendes Zitat aus einem Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 29.07.2015:

Führt die Bahn durch Weinberge, fallen laut Klausegger zwei weitere Probleme weg: Der Lärm der Anlage störe nicht, weil unter den Masten keine Wohnhäuser stünden. „Und die Anwohner behalten ihre Privatsphäre, wenn die Strecke nicht über deren Gärten hinweg führt.“

Raimund Klausegger ist Designer von Verkehrsmitteln der Zukunft bei der Firma Spirit Design in Österreich.

Interessant: Sobald eine Seilbahn nicht über Wohnhäuser führt, wird offen von einem Lärmproblem gesprochen. In Wuppertal dagegen wurde von Anfang an versucht zu vermitteln, dass Seilbahnen lautlos oder Seilbahnlärm zu vernachlässigen wäre.

Lärm-Argument der Seilbahnkritiker unzureichend?

Das Argument Lärm wird in der aktuellen Diskussion um die Seilbahn häufig als paranoide Erfindung der Seilbahnkritiker abgetan. Die Cronenberger Woche schreibt sogar in ihrer Ausgabe vom 31. Juli 2015, dass das „Lärm-Argument der Kritiker unzureichend“ sei. Diese Aussage wurde von Peter Vorsteher übernommen, der auf einem Info-Treff der Bürgerinitiative Pro Seilbahn zusammen mit Mitarbeitern der Wuppertaler Stadtwerke am 28. Juli von „eigenem Erleben zum Beispiel der Bahn in Bozen“ berichtete.

Die Seilbahn in Bozen wurde auch von betroffenen Anwohnern im Juni dieses Jahres besucht, da sie von der gleichen Bauart wie die Seilbahn ist, die in Wuppertal zur Diskussion steht. Dabei fiel auf, dass das System Dreiseilumlaufbahn durchaus Geräusche macht, die nicht zu vernachlässigen sind. Interessant hierbei: Es fallen Fahrgeräusche der Gondeln auf, obwohl dies von mehreren Seiten ausgeschlossen wird, unter anderem auf der Website des Projekts (Seilbahn2025.de). Dort sind folgende Zitate zu lesen [i]:

„Geräusche auf der Strecke entstehen lediglich beim Überfahren der Stützen“

 „Während der Fahrt in luftiger Höhe wird die Seilbahn in Bodennähe kaum zu hören sein“

Da Privatpersonen professionelle Mittel nicht zur Verfügung stehen, wurde eine Lärmmessung mit einer Smartphone-App gemacht. Bei der Überfahrt der Gondeln entsteht demnach Lärm mit einer Stärke von 68 Dezibel (vergleichbar mit Straßengeräuschen oder Telefonklingeln). Aussagefähiger als diese Zahl ist das folgende Video.

Das System Dreiseilumlaufbahn ist also nicht grundsätzlich Lautlos.

[i] Quellenangabe Seilbahn2025.de, (Reiter FAQ, abgerufen am 29.07.2015)