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Cronenberg trägt die Folgekosten

In einem Interview mit dem Cronenberger Anzeiger vom 23.09.2015 hat sich der anerkannte Wuppertaler ÖNPV-Experte Prof. Dr. Joachim Fiedler erneut in die Debatte um die Seilbahn eingeschaltet.

Er macht im Interview deutlich, dass die Menschen in Cronenberg den größten Teil der Folgekosten der Seilbahn tragen werden – ohne jedoch einen Nutzen in der ÖPNV-Versorgung zu haben.

Er begründet dies zum einen mit dem Abbruch der CE-Linien (CE 64, CE 65) am Schulzentrum Süd, die die Cronenberger zu einem zusätzlichen Umstieg in die Seilbahn zwingen würde, sowie der deutlichen Ausdünnung weiterer Buslinien auf einen 30- oder gar 60-Minuten-Takt.
Diese Effekte führen nach seiner Einschätzung zu einer Verstärkung des motorisierten Individualverkehrs, wie langjährige Erfahrungen belegen.

„Die Behauptung, die Seilbahn wirke umweltentlastend (…) muss also in Zweifel gezogen werden.“

Eine Seilbahn hält er für sinnvoll, wenn es große oder steile Distanzen über unbesiedeltem Gebiet zu überbrücken gilt, die Seilbahnnutzer durch ein attraktives Ziel angelockt werden und mit den Fahrpreisen der Unterhalt eingespielt wird.

Nach Meinung unserer Initiative haben die Exkursionen nach Koblenz vor allem eins bewiesen: Das Projekt in Koblenz weist genau diese von Prof. Fiedler beschriebenen Eigenschaften auf, die dem Seilbahnplan der WSW völlig fehlen:

  • Überquerung des Rheins und einer Felskante
  • Festung Ehrenbreitstein als Touristenattraktion
  • unbesiedeltes Gebiet unter der Trasse
  • extreme Verkürzung der Fahrtzeit gegenüber anderen Verkehrsmitteln
  • Wirtschaftlichkeit durch entsprechend hohen Fahrpreis
    (6,50 € für 890 Meter Seilbahnfahrt)

Busanbindung Südhöhen

In der folgenden Karte wird die derzeitige Busanbindung der Südhöhen dargestellt. Jedes Symbol steht für eine Bushaltestelle. Insgesamt werden in dieser Karte 37 Bushaltestellen dargestellt, die von den Linien 613, 615, 625, 635, 645, sowie den Linien CE64, CE65, dem Uni-Express und E-Bussen angefahren werden.


GoogleMap

Die letzten Äußerungen seitens Vertretern der WSW deuten darauf hin, dass im Zuge eines Seilbahnbaus, die Linien CE64, CE65 auf diesem Abschnitt komplett entfallen werden.

Das bedeutet für alle Fahrgäste, die bisher mit dem CE64 von oder in Richtung Cronenberg / Solingen fahren, einen zusätzlichen Umstieg. Die Linie CE65 müsste sogar aufgeteilt werden, da sie von Dönberg nach Sudberg fährt. Bei entsprechenden Fahrten müsste künftig sogar zwei Mal umgestiegen werden.
Die Gesamtfahrzeiten werden sich damit erheblich erhöhen, denn der Bus bewältigt die Strecke genau so schnell wie die Seilbahn (Fahrplan CE65).

Die Linien 613, 615, 625, 635, 645 sollen „ausgedünnt werden“. Das bedeutet für fast alle Haltestellen auf diesen Linien eine Verschlechterung, da ein Umstieg auf die Seilbahn praktisch nicht möglich ist.

Das Uni-Gelände Grifflenberg (mit den anliegenden Studentenwohnheimen) wird derzeit an mindestens 4 Punkten mit Bussen angefahren. Die Verstärkungsfahrten und der Uni-Express sollen künftig komplett entfallen. Selbst hier ergeben sich damit teilweise Verschlechterungen, obwohl die Uni-Anbindung einer der Hauptgründe für das Seilbahnprojekt ist:

  • Mensa (Haltestelle identisch mit Seilbahnstation)
  • Ostersiepen (300 Meter, +4 Minuten)
  • Uni-Halle (700 Meter, +9 Minuten)
  • Universität (500 Meter, +6 Minuten)

ÖPNV-Experte Prof. Dr. Fiedler äussert deutliche Bedenken zur Wuppertaler Seilbahn

Der Verkehrsexperte Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Joachim Fiedler und emeritierter Inhaber des Lehrstuhls für öffentlichen Personennahverkehr an der Bergischen Universität Wuppertal, hat seine Gedanken zum Thema Die Kehrseiten der Medaille „Seilbahn Wuppertal“ veröffentlicht.

Er sieht unter anderem die Gefahr, dass die geplante Seilbahn aufgrund der Unbeqemlichkeiten jedes Umsteigens die Bürger weg vom ÖPNV wieder hin zur Nutzung des eigenen PKW veranlasst. Die für den Bau der Seilbahn verwendeten Steuergelder könnten seiner Meinung nach woanders genutzt werden. Weiter schätzt er die Anzahl der von dem Seilbahn-Projekt negativ betroffenen Wuppertaler Bürger auf ca. 35.000 Menschen und sieht daher das Projekt als schwer vermittelbar an.

Seine komplette Stellungnahme finden Sie, mit der Erlaubnis einer vollständigen Verbreitung, folgend:

Die Kehrseiten der Medaille „Seilbahn Wuppertal“

Euphorisch  verkünden die Vordenker des Projekts:  „Unsere Väter haben die Schwebebahn gebaut – wir bauen die  erste urbane Seilbahn Deutschlands“. Vom Hauptbahnhof soll sie über eine Station an der Universität zum Schulzentrum-Süd gespannt werden. Dazu wären drei Stationsgebäude in Hochlage, 6 Stützen und rund 40 Kabinen für je 35 Personen erforderlich. Die Baukosten von geschätzt 40 Mio. Euro würden, so die Hoffnung, zu 90 Prozent durchs Land gefördert werden.

Also neben Schwebebahn und ZOO ein neues Highlight unserer Stadt!

Aber leider haben es alle bisherigen Vorstudien versäumt, die gesamte Verkehrssituation in Cronenberg, Küllenhahn und der Südstadt zu untersuchen und die Auswirkungen auf die Mobilität der dort angesiedelten Bürgerinnen und Bürger zu benennen. Dementsprechend ist darüber seitens der Medien und der Projektverfechter immer noch wenig zu hören. Deshalb die folgende „Aufklärung“.

Auf dem Hearing am 19.05.15 in der Uni-Mensa versicherte der WSW-Vertreter zunächst, dass der ÖPNV in den obengenannten Stadteilen unter keinen Umständen verschlechtert werden würde. Wenig später hieß es dann, man werde den bestehenden Bus-Verkehr den dann neuen Gegebenheiten „anpassen“, indem

  • die Cronenberger Linien am Schulzentrum-Süd, der Seilbahn-Bergstation enden würden und die Fahrgäste in die Seilbahn umsteigen müssten. Sie könnten aber in nur 9 Minuten bis zum Hauptbahnhof gelangen und unterwegs den täglichen Fahrzeugstau von oben beobachten …  besonders bei Eis- und Schneeglätte!
    Unerwähnt blieb, dass man keine Schwebebahn-Station und auch  nicht die Innenstadt ohne längere Fußwege erreichen kann. Das kostet Zeit ebenso wie das erzwungene Umsteigen zwischen Bus und Seilbahn an deren Bergstation am Busbahnhof des Schulzentrums Süd.
  • Besonders schmerzlich ist das für die zahlreichen Benutzer der Schnellbuslinien CE64 und CE65, die fahrplangemäß nur 12 Minuten vom Hahnerberg – nonstop – zur Ohligsmühle benötigen. Unterm Strich wäre man also sogar schneller als die „gebrochene Verbindung“ unterwegs, sofern ehrlicherweise die genannten Zusatzzeiten berücksichtigt werden würden.
  • Über die Bedienung der Bus-Haltestellen auf der Ravensberger Straße, der Cronenberger Straße und der Augustastraße/Jägerhofstraße war nichts zu hören, auch nichts darüber,  wie die Schülerinnen / Schüler aus der Südstadt ins Schulzentrum gelangen können, und wie Beschäftige, wenn ihre Wohnung und ihr Arbeitsplatz in Südstadt und Cronenberg/Küllenhahn voneinander getrennt liegen.
  • Beklagenswert sind vor allem die Unbequemlichkeiten jedes Umsteigens, im vorliegenden Fall noch „über zwei verschiedene Ebenen“. Dies dürfte manch einen wieder zur Benutzung seines Autos veranlassen und damit der Feststellung, das Projekt sei umweltentlastend, konterkarieren. Ist der angestrebte Nachhaltigkeitseffekt allein durch den  Wegfall der dieselbetriebenen Expressbusse zur Uni und einiger Schulbusse zu erreichen?
  • Am gravierendsten sind die genannten Fahrplan-Ausdünnungen von 20 auf 40 Minuten bzw. 30 auf 60 Minuten Fahrzeugfolgezeiten, vor allem beim Umsteigen auf der Rückfahrt aus der Stadt an der Bergstation.

Wo liegen dann die Vorteile des Projekts und wer würde davon profitieren?

  • All diejenigen, die im nahen Umkreis der Seilbahn-Stationen wohnen oder dort beschäftig sind, können „ihre Station“ schnell zu Fuß erreichen. Doch nur Wenigen dürfte dieses Glück beschieden sein, weil die Wohnbebauung im Einzugsbereich der Bergstation (man rechnet üblicherweise mit unter 400 m) ausgesprochen dünn ist.
    Anders liegen die Verhältnisse an der Zwischenstation „Universität“ in Höhe der Mensa, also am unteren Ende des Campus. Immerhin kann man dort von um die 10.000 potentiellen Seilbahn-Benutzer ausgehen, die den für junge Leute kurzen Fußweg zum Bahnhof scheuen. Für sie wurde seinerzeit die Fußgängerbrücke über den Südstraße extra gebaut.
  • Imponierend ist der mit 30 Sekunden bezifferte Fahrzeugabstand, der in den meisten Betriebszeiten längere Wartezeiten verhindert.
    Erreicht wird das, weil das gewählte System einem horizontalen Pater-Noster gleicht, denn die Kabinen kommen in den Stationen nicht zum Stehen, sondern fahren ganz langsam immer weiter. Bei der Seilbahn in Koblenz hinauf zur Festung Ehrenbreitstein funktioniert das selbst bei starkem Nutzerandrang, auch für Rollstuhlfahrer und Fahrgäste mit Rollatoren oder Kinderwagen!
    Doch sind Alltagsbenutzer ohne Beförderungsalternative mit Touristen zu vergleichen, die in Koblenz die Fahrt über den Rhein als besondere Attraktion ansehen?
  • Begeistert werden die Fahrradfahrer sein, wenn sie nach rasanter Bergabfahrt auf der Sambatrasse den beschwerlich Rückweg per Seilbahn zurücklegen können.
  • Die Initiatoren versprechen sich einen erheblichen Imagegewinn für unserer Stadt und darüber hinaus viele Touristen, die nicht nur von der Schwebebahn sondern dann auch von der Seilbahn angezogen werden würden. Allerdings müsste – nach Dresdener Erfahrungen – ganz schnell für Ersatz des gerade abgerissenen Café Rigi-Kulms gesorgt werden, denn an selber Stelle sollen demnächst Wohnhäuser gebaut werden.

Die Befürchtungen unmittelbar betroffener Bürgerinnen und Bürger können hier nur auszugsweise benannt, aber nicht detailliert behandelt werden:

  • Sie empfinden die Nähe zu einem der 6 Masten als störend.
  • Sie fühlen sich durch die  ständige Überfahrt in ganz kurzen Zeitabständen in ihrer Privatsphäre beeinträchtigt.
  • Sie erwarten deutliche Wertminderungen ihres Grundstücks und Mieteinnahmenverluste.

Nicht zu vergessen, auch Fördergelder resultieren aus Steuergeldern, die an anderen Stellen fehlen!

Unter all diesen Umständen wird es den Bürgerinnen und Bürgern schwer zu vermitteln sein, dass das bestimmende Entscheidungskriterium fürs Projekt „urbane Seilbahn“ vordringlich dem Streben nach bundesweiter, ja, weltweiter Bewunderung Wuppertals dienen soll, und das zu „Lasten“ von immerhin (geschätzt) 35.000 Bewohnern Cronenbergs, Küllenhahns und der Südstadt
… noch dazu „auf Dauer“!