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Faktencheck Teil 1: Fahrzeiten

Neun Minuten Fahrzeit sind realistisch gar nicht erreichbar, da Langsamfahrt in Mittelstation unterschätzt wird.

Zusammenfassung:

Die rechnerische Fahrzeit vom Hauptbahnhof zum Schulzentrum Süd beträgt neun Minuten bei einer Geschwindigkeit von 6 m/s.(*) Bisher wurde keine in Betrieb befindliche Doppelmayr-3S-Seilbahn gefunden, die annähernd die angegebene Geschwindigkeit fährt. Im Mittel sind die 3S-Seilbahnen 31 % langsamer, so dass die Fahrzeit zum Schulzentrum Süd über zwölf Minuten betragen würde.

Die Fahrzeiten vom Hauptbahnhof zur Universität und zum Schulzentrum Süd sollten für die Seilbahn einfach zu ermitteln sein. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt laut Projektskizze und Vorstudie sechs Meter pro Sekunde. Die Seilbahn fährt damit in drei Minuten zur Universität. Zum Schulzentrum Süd ist die reine Fahrzeit siebeneinhalb Minuten, hinzukommen eineinhalb Minuten Durchfahrt an der Zwischenstation Universität. So führt es die WSW Mobil auf seilbahn2025.de auf und kommt damit auf die neun Minuten Fahrzeit zwischen Hauptbahnhof und Schulzentrum Süd. Soweit, so Richtig.

Fahrzeit1

Wie alle Koblenz-Seilbahn-Fahrer mitbekommen haben, fährt die dortige 3S-Seilbahn bei Weitem nicht mit der Geschwindigkeit, die auf der Webseite des Betreibers angegeben ist. Anstelle der 4,5 Meter pro Sekunde sind bisher nur Geschwindigkeiten zwischen 2,9 und 3,5 Meter pro Sekunde beobachtet worden.

Hierzu können Sie sich selbst ein Bild auf folgenden YouTube-Videos machen.

Fahrzeit Station zur Station: 4 Min 27 Sek.; Geschwindigkeit: ca. 3,3 Meter pro Sekunde

Weitere Videos

BUGA 2011: https://www.youtube.com/watch?v=NAVvylCjChc
4 Min 4 Sek., ca. 3,5 Meter pro Sekunde

Aus 2013: https://www.youtube.com/watch?v=h99Jtt67Qug
4 Min 58 Sek., ca. 2,9 Meter pro Sekunde

Aus 2014: https://www.youtube.com/watch?v=3c4TugXi6iQ
4 Min 40 Sek., ca. 3,3 Meter pro Sekunde

Auch andere 3S-Bahnen schaffen nicht die Nenngeschwindigkeit, mit der sie beworben werden. Beispielsweise soll „Peak 2 Peak“ mit 7,5 Metern pro Sekunde die 4400 Meter zurücklegen, was einer rechnerischen Fahrzeit von knapp 10 Minuten entspricht.

Auf diesen Videos (Bahnen sind von Doppelmayr) wird die Fahrzeit um 30 % und um 44 % überschritten:

https://www.youtube.com/watch?v=Eflb14Nkztg
14 Min 7 Sek., ca. 5,2 Meter pro Sekunde

https://www.youtube.com/watch?v=kGNMvieupZc
12 Min 20 Sek., ca. 5,8 Meter pro Sekunde

Ein anderer Hersteller schafft es hingegen, die Fahrzeit nahezu einzuhalten. Die Südtiroler Installation von Leitner schafft die viereinhalb Kilometer lange Strecke ungefähr in den angegebenen 12 Minuten, siehe:
https://www.youtube.com/watch?v=CtKXLWcHWmI
und
https://www.youtube.com/watch?v=AxpaRoJwa1U

Die Problematik der längeren Fahrzeiten kann die Projektgruppe Seilbahn der WSW Mobil natürlich nicht wissen, denn Doppelmayr wird solche Zahlen zu tatsächlichen Geschwindigkeiten und Fahrzeiten nicht veröffentlichen. Aufgrund fehlender Erfahrung im Betrieb mit Seilbahnen muss sich die WSW Mobil natürlich auf Herstellerangaben verlassen.

Daher rechnet die WSW aufgrund der unbekannten tatsächlichen Geschwindigkeit mit sechs Meter pro Sekunde (21,6 km/h). Das ist durchaus nachvollziehbar, denn wer guckt sich vom Projektteam schon YouTube-Videos an und stoppt Zeiten? Die Wuppertaler Politik sollte hieraus aber nicht ableiten, dass die Fahrt zum Schulzentrum Süd tatsächlich in neun Minuten realisiert wird. Vielleicht sollte man sich mit dem Szenario vertraut machen, dass die Seilbahn mindestens zwölf Minuten braucht, wohingegen der City Express die Strecke Hbf -> Hahnerberg heute in neun Minuten schafft.

Fahrzeit2

Es bleibt zu hoffen, dass im Rahmen des Bürgerbeteiligungsverfahrens nun alle Informationen veröffentlicht werden, die bisher verschwiegen worden sind.

Mithilfe erwünscht!

Wir suchen nach Videos, in der die Koblenzer Seilbahn die 4,5 m/s bzw. 5,5 m/s während der BUGA 2011 fährt. Wir haben bisher kein einziges Video gefunden, in der die Seilbahn tatsächlich diese Geschwindigkeiten erreicht. Bitte sucht und unterstützt uns! Bei 5,5 m/s müsste die Bahn von Stütze zu Stütze in 155 Sekunden fahren. Links zu solchen ungeschnittenen Videos bitte an kontakt@seilbahnfreies-wuppertal.de schicken.

Das macht nachdenklich:

Wenn schon bei Geschwindigkeitsangaben des Herstellers von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen (bei unserer Stichprobe eine Abweichung von 31 %), macht das nachdenklich und es sollte auch bei anderen „Versprechungen“ genauer hingeguckt werden.

(*) In einer früheren Version des Artikels konnte man den Eindruck
gewinnen, dass die Firma Doppelmayr die neun Minuten Fahrzeit angegeben
hätte. Richtig ist, dass die Firma Doppelmayr 3S-Seilbahnen mit 6 m/s
anbietet. Die neun Minuten Fahrzeit wurde in der Vorstudie zur
technischen Machbarkeit vom Ingenieurbüro Schweiger genannt.

Auslastung der Seilbahn

Die Anzahl der Fahrgäste und die Seilbahn-Auslastung sind wichtige Kennzahlen für die Bestimmung der Kosten pro Fahrgast und auch die Berechnung der CO2-Emissionen pro Personenkilometer. Erst mit diesen Kennzahlen kann die Seilbahn mit anderen Verkehrssystemen verglichen werden. In Publikationen wird die durchschnittliche Auslastung mit 20% (Heiner Monheim u.a.: Urbane Seilbahn, KSV-Verlag Köln) oder sogar mit 50% (Studie der ClimatePartner) angegeben. Die 20% Auslastung liegen zumindest in der Größenordnung der durchschnittlichen Linienbusauslastung in Deutschland, die 21% beträgt (Tremod 5.41, Bundesumweltamt). Im Folgenden wird abgeschätzt, welche Auslastung die Seilbahn Wuppertal möglicherweise erreichen könnte.

Auslastungsrechnung gemäß Pro Bahn-Konzeptpapiers

Die Auslastung der Seilbahn Wuppertal wurde von Pro Bahn in ihrem Konzeptpapier (Referenz im Sachstandsbericht Strategie Wuppertal 2025) nicht direkt angegeben. Die im Konzeptpapier in den Fußnoten angegebenen Fahrgastzahlen können herangezogen werden, um die durchschnittliche Auslastung zu bestimmen.

Pro Bahn geht davon aus, dass an den Hauptverkehrstagen 35% Auslastung bei einer Beförderungskapazität von 3100 Personen/Stunde erreicht wird. Zwei Drittel der Fahrgäste soll zur Uni fahren, ein Drittel zum Schulzentrum Süd. Bei 16 Betriebsstunden würden damit 34.720 Fahrgäste am Tag befördert. An Samstagen und Sonntagen wird mit zwei Dritteln der Wochentags-Fahrgastzahlen zum Schulzentrum Süd gerechnet. Unter der wohlwollenden Annahme, dass in der vorlesungsfreien Zeit auch zwei Drittel der an Vorlesungstagen fahrenden Fahrgäste und 20% an Wochenenden zur Uni fahren – hier hat Pro Bahn keine zusätzlichen Fahrgäste angenommen und damit auch keine Angaben gemacht –, kommt man zu der Auslastungsrechnung gemäß Tabelle 1.

Auslastung_Tab1
Tabelle 1: Auslastung gemäß Pro Bahn-Konzeptpapieres an einem Vorlesungstag

Warum im Tagesmittel ein Drittel der Fahrgäste zum Schulzentrum Süd fahren sollten, ist im Pro Bahn Konzeptpapier ebenso unklar geblieben wie die Angabe sowohl der 150 Vorlesungstage – es sind gemäß Kultusministerium NRW im Mittel 138 Tage – als auch der 200 Wochentage, die zur Berechnung der Fahrten zum Schulzentrum Süd herangezogen wurden.

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Abb. 1: Füllgrad nicht erreicht: wenn die Wuppertaler Seilbahn so „leer“ fahren würde, schafft man die 3500 Personen/Stunde nicht (Bildquelle: Dr. Schär Gruppe, commons.wikimedia.org)

Nun stellt sich die Frage, wie ein Wochentag aussehen mag, an dem etwa 55.500 Personen-Kilometer durch die Seilbahn erbracht werden. Dieser könnte wie folgt aussehen:

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Tabelle 2: Beförderungszahlen mit 55.500 Personen-km gemäß Pro Bahn-Konzeptpapier

Um auf die 55.500 Personenkilometer zu kommen, müssen

  1. alle bisherigen Busnutzer der Linien 613, 635, CE64 und CE65 komplett auf die Seilbahn umsteigen.
  2. Die Seilbahn muss morgens knapp fünf Stunden lang zu 100% am Hauptbahnhof bis auf den letzten Platz gefüllt werden. Wenn tatsächlich so viele Studierende mit der Seilbahn fahren würden, kann mit erheblichen Wartezeiten gerechnet werden, da die Studierenden nicht gleichmäßig an der Station ankommen.
  3. Das Gleiche wird nachmittags für den Rückweg zum Hauptbahnhof nötig werden: knapp fünf Stunden wird jede Gondel bis auf den letzten Platz gefüllt.
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Abb. 2: Pro Bahn-Auslastung: dürfen Studierende dies jeden Vorlesungsmorgen erwarten? (Bildquelle: archer10, commons.wikimedia.org)

Hierbei stellen sich mehrere Fragen:

  • Fahren überhaupt so viele Studierende zur Universität?
  • In den am Campus Grifflenberg befindlichen Fachbereichen sind etwa 17.000 Studierende eingeschrieben. Wie viele von diesen studieren aktiv und fahren täglich zur Universität?
  • Wie viele Studierende sind nur wegen des Semestertickets eingeschrieben und fahren nie zum Campus?
  • Wie ist der Modal-Split bei den Studierenden und den Beschäftigten der Universität?
  • Wie viele der studierenden ÖPNV-Nutzer reisen über den Hahnerberg an?
  • Wie viele der studierenden ÖPNV-Nutzer kommen aus dem unmittelbaren Umkreis der Südhöhen?
  • Steigen überhaupt alle sonstigen Busnutzer auf die Seilbahn um?

Hierzu gibt weder das Pro Bahn-Konzeptpapier noch die WSW eine Antwort. Klar ist nur, dass die Annahme von 55.500 Personenkilometer an einem Vorlesungstag unrealistisch ist, da die gut 9 Stunden Vollauslastung vielleicht in einem Freizeitpark oder bei einer Bundesgartenschau möglich sind, aber nicht im öffentlichen Personennahverkehr zwischen Hauptbahnhof und Universität. Es müssten sich die Besucher eines gut gefüllten Stadion am Zoo an der Seilbahnstation einfinden, damit diese Anzahl an Fahrgästen zustande kommt.

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Abb. 3: Denkt Pro Bahn, dass 17.000 Menschen vormittags vor der Seilbahnstation warten werden? (Bildquelle: Mat291179, commons.wikimedia.org)

Auslastungsrechnung, wenn alle Busnutzer auf die Seilbahn umsteigen

Die oben aus dem Pro Bahn-Konzeptpapier abgeleitete Berechnung ergibt 55.500 Personenkilometer bei 42.000 Fahrgästen an einem Vorlesungstag.

Die Anzahl der Fahrgäste insgesamt, die auf den Südhöhen vom Haupthahnhof aus zum Schulzentrum Süd und zur Universität fahren, kann mit der Annahme abgeschätzt werden, dass ein Wuppertaler Linienbus im Durchschnitt mit 22,8 Fahrgästen belegt ist und damit als Gelenkbus eine Auslastung von 15,6% hat (Vergl.: Zahlen und Daten WSW Mobil 2013). In dieser Betrachtung wird für die Einsatzbusse zur Uni die Annahme getroffen, dass diese in die eine Richtung komplett gefüllt sind und leer zurückfahren. Wird die Anzahl der Busabfahrten ab Hauptbahnhof aus dem Fahrplan (Uni Express und Campus Freudenberg-Fahrplan: Stand Sommersemester 2015) ermittelt, kann damit die folgende Tabelle erstellt werden.

Auslastung_Tab3
Tabelle 3: Fahrgäste aller WSW-Busse auf den Südhöhen an einem Vorlesungstag

Auffällig ist die Diskrepanz zwischen den aus den Annahmen des Pro Bahn-Konzeptpapieres abgeleiteten Fahrgastzahlen von 42.000 an einem Vorlesungstag und den möglichen 23.000 Fahrgästen, die alle WSW-Busse zwischen Hauptbahnhof und Hahnerberg/Küllenhahn heute befördern dürften.

Wieso soll die Zahl der Seilbahnnutzer fast doppelt so hoch sein wie die Zahl der heutigen Busnutzer auf den gesamten Südhöhen?

Dabei ist zu berücksichtigen:

Seilbahn kommt für fast alle Fahrgäste zwischen den Seilbahnstationen gar nicht in Frage!

An dieser Stelle muss nochmals auf die Annahme hingewiesen werden, die dieser Berechnung zugrunde liegt. Trotz mehrfacher Anfrage an die WSW Mobil weigert sich das von der Stadt Wuppertal bestellte Verkehrsunternehmen bis heute (15. Oktober 2015), die tatsächlichen Fahrgastzahlen der Linien auf den Südhöhen zu veröffentlichen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Wird nun angenommen, dass alle Fahrgäste aller von Kürzungen betroffenen Busse – UniExpress, Campus Freudenberg und 645, CE64, CE65 fallen komplett weg – sowie alle Fahrgäste der wegfallenden Busse auf den ausgedünnten Buslinien – 603, 613, 625, 635 fahren nur noch im 30 Minuten-Takt –, so folgt daraus der Fahrgastpotential der Seilbahn gemäß der folgenden Tabellen.

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Tabelle 4: Annahme der auf die Seilbahn umsteigenden Fahrgäste an einem VORLESUNGSTAG
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Tabelle 5: Annahme der auf die Seilbahn umsteigenden Fahrgäste an einem VORLESUNGSFREIEN WOCHENTAG
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Tabelle 6: Annahme der auf die Seilbahn umsteigenden Fahrgäste an einem SAMSTAG, SONNTAG oder FEIERTAG

Mit den aus den oben genannten Annahmen ermittelten Personenkilometer-Angaben kann nun die Auslastung der Seilbahn bestimmt werden.

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Tabelle 7: Annahme der Auslastung, wenn alle Fahrgäste aller wegfallenden Busse auf die Seilbahn umsteigen
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Abb. 4: Durchschnittliche Auslastung abends und am Wochenende? (Bildquelle: Crystalmountainskier, commons.wikimedia.org)

Wie hier zu sehen ist, wird die Seilbahn um die 5% Auslastung erreichen. Die der Seilbahn wohlwollende Literatur gibt dagegen 20% bis 50% Auslastung an. Selbst mit den Annahmen von Pro Bahn wird die Seilbahn nur auf 13,7% Auslastung kommen, und hierfür müsste sich jeden Morgen die Besucherzahl eines gut gefüllten Stadion am Zoo am Hauptbahnhof in die Seilbahn quetschen. Wenn wirklich so viele Fahrgäste mit der Seilbahn fahren wollen, würden Wartezeiten von mehreren Stunden entstehen.

Die Seilbahn dürfte eine Auslastung um die 5% erreichen und damit in der Größenordnung der Koblenzer Touristenattraktion liegen.

Wegezeitverkürzung für Studentinnen und Studenten

Das immer wieder ins Feld geführte Hauptargument für eine Seilbahn ist die Fahrzeitverkürzung zur Universität. Oft hört an dieser Stelle die Betrachtung auf, selbst Ulrich Jaeger, Geschäftsführer der WSW Mobil, gibt zu, dass bei der Beurteilung der Seilbahn nur die Fahrzeiten herangezogen wurden. Die tatsächlichen Wegezeiten wurden nicht betrachtet und die WSW Mobil werden die Wegezeiten nicht betrachten, solange die Politik für weitere Untersuchungen keinen Auftrag erteile, so der Chef der WSW Mobil. Sinngemäß sagte Ulrich Jaeger:

„Die WSW Mobil werden die Wegezeiten nicht betrachten, solange die Politik für weitere Untersuchungen keinen Auftrag erteilt.“

Die aufmerksame Bürgerin und der aufmerksame Bürger können sich durchaus selber ein Bild von den Wegezeiten machen. Als Erstes sollten die tatsächlichen Fahrzeiten und die Fahrzeiten nach dem Döppersberg-Umbau ermittel und aufgeschrieben werden. Aus den ehemaligen und aktuellen Fahrplänen der WSW Mobil sowie der Vorstudie zur Seilbahn erfährt man die Fahrzeiten.

Wegezeiten_Tab1
Tabelle 1: Fahrzeiten

Um von der reinen Fahrzeit zur Wegezeit zu kommen, müssen weitere Zeitbestandteile herangezogen werden (vergleiche Standardisiertes Bewertungsverfahren 2006, Intraplan Consult, hier ohne Widerstandsbetrachtung):

Die Wegezeit setzt sich zusammen aus der Zeitdauer des Fußwegs vom Startpunkt zum Einstiegspunkt, der Wartezeit, der Fahrzeit und der Zeitdauer des Fußwegs zum Ziel

Ein großer Anteil der Wuppertaler Studierenden pendelt von außerhalb ein. Daher wird zur Wegezeitbetrachtung der Startpunkt im Bahnhofstunnel unter Gleis 1 angenommen. Nun müssen die aufmerksame Bürgerin und der aufmerksame Bürger abschätzen, wie lange man vom Bahnhofstunnel zum neuen Busbahnhof neben Gleis 1 braucht. Und wie lange braucht ein Seilbahnnutzer vom Bahnhofstunnel für die Überwindung der 18 Meter Höhendifferenz bis zur Einstiegsplattform der Seilbahn. Folgende Annahme wird nun getroffen:

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Tabelle 2: Fußwegezeiten am Hauptbahnhof

Die Wartezeit ist zur Hauptverkehrszeit in beiden Fällen sehr gering. Im Zeitraum zwischen 7:30 Uhr und 8:15 Uhr – morgendliche Veranstaltungen an der Universität starten zwischen 8:00 und 8:30 Uhr – fahren 33 Busse Richtung Südhöhen ab, davon sind es 23 zur Universität: das ist ein 117 Sekundentakt, womit die durchschnittliche Wartezeit unter einer Minute ist. An der Seilbahn dürfte keine Wartezeit (theoretischer Mittelwert: 15 Sekunden) entstehen, wenn nicht zu viele Fahrgäste gleichzeitig eintreffen. Das gleichzeitige Eintreffen von Fahrgästen dürfte morgens die Regel sein. Wenn 140 Studierende zur Universität wollen, finden diese, wenn auch eng und unbequem, in einem Gelenkbus Platz. Die gleiche Anzahl von Studierenden braucht vier Gondeln, in denen es genauso eng und unbequem zugehen wird.

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Tabelle 3: Wartezeiten an der Seilbahn

Im Schnitt warten die Seilbahnnutzer eine gute Minute. Aber wenn und nur wenn vorher kein anderer Fahrgast auf der Plattform gewartet hat und zuerst einsteigen darf.

Als letzter Punkt der Wegezeitbestimmung müssen die Fußwege auf dem Campus Grifflenberg abgeschätzt werden. Hierzu sind drei Hörsaalbereiche herangezogen worden. Erstens: Die Hörsäle 4 bis 14, die das Zentrum des Campus ausmachen und um sowie über der Gaußstraße angeordnet sind – nicht ohne Grund sind die Bushaltestellen genau hier platziert. Zweitens: Der neue Audimax Hörsaal 33. Und drittens: Die der Mensa am nächsten liegenden Hörsäle 15 bis 22.

Campus Grifflenberg
Abbildung 1: Campus Grifflenberg mit allen Hörsälen © OpenStreetMap-Mitwirkende

Die Standorte der Hörsäle, der Haltestellen und der Seilbahnstation sind in Abb. 1 visualisiert. Hierbei wird deutlich, dass die Seilbahn nicht nur am äußersten Rand des Campus platziert ist, sondern dass aufgrund der Topographie nicht unerhebliche Höhenmeter zu erklimmen sind. Von der Ebene 5, hier wird mutmaßlich die Seilbahnstation errichtet und das ist – bis auf Kneipe und Mensa – der tiefste Punkt des Campus, bis zur Ebene 8, die Ebene der Bushaltestelle, sind 93 Stufen hinaufzusteigen. Siehe auch: https://www.youtube.com/watch?v=gXmkUIH7LAk

Damit können die Fußwegzeiten abgeschätzt werden.

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Tabelle 4: Fußwegezeiten auf dem Campus Grifflenberg

Wird nun die Busfahrzeit mit 9 Minuten vom Hauptbahnhof zur Universität etwas höher angesetzt als es vor dem Döppersberg-Umbau der Fall war, kann nun der Wegezeitenvergleich durchgeführt werden.

Für die Wegezeit zum Hörsaalkomplex 4 bis 14 stellt es sich für die Seilbahn wie folgt dar: Fußweg zur Station 4 Min., Wartezeit 1 Min., Fahrzeit 3 Min., Fußweg auf Campus 4 Min., Summe 12 Min.

Im Vergleich dazu die Buswegezeit: Fußweg zum Busbahnhof 1 Min., Wartezeit 1 Min., Fahrzeit 9 Min., Fußweg auf Campus 1 Min., Summe 12 Min.

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Tabelle 5: Wegezeitenvergleich

Das Resultat führt zu einem mehr oder weniger erstaunlichen Ergebnis. Die aufmerksame Bürgerin und der aufmerksame Bürger werden im Anschluss die Frage stellen, ob für diese Verkürzung der Wegezeit, wenn es denn überhaupt zu einer Verkürzung kommt – in der Betrachtung wurde nicht untersucht, ob die Seilbahn überhaupt dem morgendlichen Ansturm der Studierenden gewachsen ist -, sich der ganze Projektaufwand lohnt. Das ist also das immer wieder ins Feld geführte Hauptargument. Wenn es nach der Wuppertaler Kommunalpolitik gehen soll: ja.

Die Seilbahn verkürzt die Wegezeit zur Universität in vielen Fällen gar nicht. Im Mittel könnte eine Wegezeitverkürzung von einer Minute angenommen werden.

Seilbahn und Grünstrom

In den letzten Tagen und Wochen hören die aufmerksame Bürgerin und der aufmerksame Bürger an Wahlständen in der Innenstadt oder auf OB-Kandidatenveranstaltungen regelmäßig das Statement, die Seilbahn könne mit 100% Grünstrom/Ökostrom betrieben werden. Darum, so wird argumentiert, werde durch die Seilbahn kein CO2 emittiert. Somit sei sie ökologisch sinnvoll und der Betrieb zu begrüßen. So oder so ähnlich wird unisono an den Ständen aller Farben argumentiert. Als Quellen für den Seilbahn-Grünstrom werden gerne die AWG und das Windrad auf Küllenhahn genannt.

Die Seilbahn kann mit 100% Grünstrom betrieben werden, indem man der Seilbahn die Strommengen von Grünstrom einfach zuordnet. Das ist zwar technisch nicht möglich – hier erwähnte Ulrich Jaeger, Geschäftsführer WSW Mobil, dass die Seilbahn an das europäische Verbundnetz angeschlossen wird, und damit eine Zuordnung der Stromerzeuger für die Seilbahn nicht möglich sei – aber im Allgemeinen wird eine solche Grünstromzuordnung akzeptiert. Womit festgehalten werden kann:

Die Seilbahn kann mit 100% Grünstrom betrieben werden, aber nur zu Lasten anderer Verbraucher

Der Nebensatz ist nun zu erklären. Da die Seilbahn als neuer Verbraucher im Verbundnetz betrieben wird, kann und wird nicht gleichzeitig hierfür exklusiv Grünstrom produziert oder bereitgestellt. Also wird der Grünstrom an anderer Stelle weggenommen, damit die Seilbahn mit Grünstrom betrieben werden kann.

Es wird nun ein keiner Bilanzkreis mit 6000 Haushalten und der Seilbahn untersucht. Die 6000 Haushalte benötigen im Beispiel 20.100 MWh mit dem in Deutschland 2014 tatsächlich gegebenen Grünstromanteil von 25,8% und Atomstromanteil von 15,9%.

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Abb. 1: 6000 Haushalte, deutscher Strommix 2014, Grünstrommenge konstant

Kommt nun zusätzlich die Seilbahn als Verbraucher dazu, wird nicht deswegen mehr Sonne scheinen oder mehr Wind wehen. Da Grünstrom Einspeisevorrang hat, wird dieser sowohl bei hoher als auch bei niedriger Stromabnahme immer ins Verbundnetz eingespeist. Atomstrom ist für Kraftwerksbetreiber bei Nichtbetrachtung der Entsorgungsfrage die günstigste Energiequelle, somit wird dieser nach gesetzlichen Vorgaben auch immer ins Verbundnetz eingespeist. Damit bleiben nur noch die fossilen Energieträger übrig, die zum Abfangen zusätzlicher Verbraucher genutzt werden können.

In Säule 3 der Abb. 1 ist zu sehen, dass die 6000 Haushalte exakt die gleiche Strommenge wie in Säule 1 beziehen, nur dass der Grünstromanteil fast komplett durch die Seilbahn konsumiert worden ist. Der zusätzliche Strom – die Nachfrage stammt von der Seilbahn – wird hierbei von fossilen Energieträgern zur Verfügung gestellt. Eine fossil erzeugte Kilowattstunde verursacht knapp ein Kilogramm CO2. Ist die Grünstrommenge konstant und wird durch zusätzliche Stromabnahme nicht erhöht, schließt man:

Ist die Grünstrommenge konstant, so verursacht die Seilbahn 4,5 Millionen kg CO2

Die aufmerksame Bürgerin und der aufmerksame Bürger mögen nun anmerken, dass der Grünstromanteil in Deutschland so groß sei, dass bei einer Mehrabnahme nicht plötzlich 100% Kohlestrom/fossil erzeugter Strom nach Wuppertal fließt bzw. in Wuppertal produziert wird, sondern dass der zusätzlich nachgefragte Strom der Mischung des deutschen Strommixes mit 25,8% Grünstrom, 15,9% Atomstrom,  43,9% Kohlestrom und 14,4% Erdgasverstromung sowie Sonstiges entspräche.

Bei einem großen Verbundnetz ist dies tatsächlich anzunehmen und würde bei einer Bilanzierung für die vorgenannten 6000 Haushalte zu folgendem Ergebnis führen:

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Abb. 2: 6000 Haushalte, deutscher Strommix 2014, Grünstromanteil konstant

In Säule 1 und 3 ist der Grünstromanteil mit 25,8% identisch, ebenso ist der Anteil des CO2-freien Atomstroms mit 15,9% hier gleich geblieben. Am Ende muss wegen der Mehrabnahme von elektrischer Energie auch hier aus fossilen Energiequellen zusätzliche Stromversorgung bereitgestellt werden, womit festgestellt werden kann:

Ist der Grünstromanteil konstant, so verursacht die Seilbahn 2,6 Millionen kg CO2

Besonders kritische Bürgerinnen und Bürger vermuten hinter den Zahlen einen Trick, insbesondere könnten die 6000 Haushalte ein viel zu kleiner Bilanzkreis sein. Der Grund für die 6000 Haushalte ist nur ein optischer: besonders in Abb. 1 Säule 3 ist direkt zu sehen, dass der durch die Seilbahn verwendete Grünstrom zulasten der restlichen Verbraucher im Verbundnetz geht. An den absoluten Zahlen der fossilen Stromerzeugung und der CO2-Emission ändert die Größe des Bilanzkreises gar nichts, wie die nächsten beiden Grafiken zeigen.

Es werden nun alle Privathaushalte und das Gewerbe in Wuppertal als Bilanzkreis herangezogen.

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Abb. 3: 170000 Haushalte, deutscher Strommix 2014, Grünstrommenge konstant
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Abb. 4: 170000 Haushalte, deutscher Strommix 2014, Grünstromanteil konstant

Wie in den Abbildungen 3 und 4 zu sehen ist, bleibt die fossil erzeugte Energiemenge unabhängig von der Bilanzkreisgröße gleich. Als wahrscheinlichstes Szenario kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der 4,6 Millionen Kilowattstunden elektrischer Energie der Seilbahn (Mittlere Annahme der Vorstudie Ing.-Büro Schweiger) mindestens 2,686 Millionen Kilowattstunden zusätzlich in fossilen Kraftwerken erzeugt werden muss. Das gilt auch dann, wenn die Seilbahn zu 100% mit Grünstrom betrieben wird.

Ganz besonders kritische Bürgerinnen und Bürger schauen auf die Entwicklung des Grünstromanteils in Deutschland und merken an, dass im Jahr 2025 der Grünstromanteil im deutschen Strommix bei 40% bis 45% liegen wird. Im Folgenden wird das Jahr 2022 herangezogen und ein fiktiver Rest-Atomstromanteil von 1% angenommen. Außerdem wird angenommen, dass das Ausbauziel des Grünstromanteils für 2025 schon im Jahr 2022 erreicht wird.

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Abb. 5: 6000 Haushalte, fiktiver Strommix 2022, Grünstrommenge konstant

Obwohl viel mehr Grünstrom im Verbundnetz vorhanden ist, bleibt die fossil erzeugte Energiemenge für den zusätzlich nötigen Seilbahnstrom – wie schon in Abb. 1 zu sehen war – konstant.

Wird nun – analog zur Abb. 2 und 4 – angenommen, dass der zusätzlich angefragte Seilbahnstrom mit dem fiktiven deutschen Strommix 2022 erzeugt wird, ist sogar etwas mehr fossil erzeugte Energiemenge nötig als dies in Abb. 2 oder 4 erforderlich war.

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Abb. 6: 6000 Haushalte, fiktiver Strommix 2022, Grünstromanteil konstant

Wie in allen Szenarien zu sehen ist, muss bei zusätzlicher Stromnachfrage – egal, ob dies eine Seilbahn oder ein Elektrostahlwerk ist – zusätzlich Strom erzeugt werden. Zusätzlicher Strom wird im Verbundnetz zu etwa 44% aus Kohle und zu 10% aus Erdgas gewonnen. Die damit neben Stickoxiden, Quecksilber und Feinstaub entstehenden CO2-Emissionen können nicht weggerechnet werden.