In den letzten Tagen und Wochen hören die aufmerksame Bürgerin und der aufmerksame Bürger an Wahlständen in der Innenstadt oder auf OB-Kandidatenveranstaltungen regelmäßig das Statement, die Seilbahn könne mit 100% Grünstrom/Ökostrom betrieben werden. Darum, so wird argumentiert, werde durch die Seilbahn kein CO2 emittiert. Somit sei sie ökologisch sinnvoll und der Betrieb zu begrüßen. So oder so ähnlich wird unisono an den Ständen aller Farben argumentiert. Als Quellen für den Seilbahn-Grünstrom werden gerne die AWG und das Windrad auf Küllenhahn genannt.
Die Seilbahn kann mit 100% Grünstrom betrieben werden, indem man der Seilbahn die Strommengen von Grünstrom einfach zuordnet. Das ist zwar technisch nicht möglich – hier erwähnte Ulrich Jaeger, Geschäftsführer WSW Mobil, dass die Seilbahn an das europäische Verbundnetz angeschlossen wird, und damit eine Zuordnung der Stromerzeuger für die Seilbahn nicht möglich sei – aber im Allgemeinen wird eine solche Grünstromzuordnung akzeptiert. Womit festgehalten werden kann:
Die Seilbahn kann mit 100% Grünstrom betrieben werden, aber nur zu Lasten anderer Verbraucher
Der Nebensatz ist nun zu erklären. Da die Seilbahn als neuer Verbraucher im Verbundnetz betrieben wird, kann und wird nicht gleichzeitig hierfür exklusiv Grünstrom produziert oder bereitgestellt. Also wird der Grünstrom an anderer Stelle weggenommen, damit die Seilbahn mit Grünstrom betrieben werden kann.
Es wird nun ein keiner Bilanzkreis mit 6000 Haushalten und der Seilbahn untersucht. Die 6000 Haushalte benötigen im Beispiel 20.100 MWh mit dem in Deutschland 2014 tatsächlich gegebenen Grünstromanteil von 25,8% und Atomstromanteil von 15,9%.
Kommt nun zusätzlich die Seilbahn als Verbraucher dazu, wird nicht deswegen mehr Sonne scheinen oder mehr Wind wehen. Da Grünstrom Einspeisevorrang hat, wird dieser sowohl bei hoher als auch bei niedriger Stromabnahme immer ins Verbundnetz eingespeist. Atomstrom ist für Kraftwerksbetreiber bei Nichtbetrachtung der Entsorgungsfrage die günstigste Energiequelle, somit wird dieser nach gesetzlichen Vorgaben auch immer ins Verbundnetz eingespeist. Damit bleiben nur noch die fossilen Energieträger übrig, die zum Abfangen zusätzlicher Verbraucher genutzt werden können.
In Säule 3 der Abb. 1 ist zu sehen, dass die 6000 Haushalte exakt die gleiche Strommenge wie in Säule 1 beziehen, nur dass der Grünstromanteil fast komplett durch die Seilbahn konsumiert worden ist. Der zusätzliche Strom – die Nachfrage stammt von der Seilbahn – wird hierbei von fossilen Energieträgern zur Verfügung gestellt. Eine fossil erzeugte Kilowattstunde verursacht knapp ein Kilogramm CO2. Ist die Grünstrommenge konstant und wird durch zusätzliche Stromabnahme nicht erhöht, schließt man:
Ist die Grünstrommenge konstant, so verursacht die Seilbahn 4,5 Millionen kg CO2
Die aufmerksame Bürgerin und der aufmerksame Bürger mögen nun anmerken, dass der Grünstromanteil in Deutschland so groß sei, dass bei einer Mehrabnahme nicht plötzlich 100% Kohlestrom/fossil erzeugter Strom nach Wuppertal fließt bzw. in Wuppertal produziert wird, sondern dass der zusätzlich nachgefragte Strom der Mischung des deutschen Strommixes mit 25,8% Grünstrom, 15,9% Atomstrom, 43,9% Kohlestrom und 14,4% Erdgasverstromung sowie Sonstiges entspräche.
Bei einem großen Verbundnetz ist dies tatsächlich anzunehmen und würde bei einer Bilanzierung für die vorgenannten 6000 Haushalte zu folgendem Ergebnis führen:
In Säule 1 und 3 ist der Grünstromanteil mit 25,8% identisch, ebenso ist der Anteil des CO2-freien Atomstroms mit 15,9% hier gleich geblieben. Am Ende muss wegen der Mehrabnahme von elektrischer Energie auch hier aus fossilen Energiequellen zusätzliche Stromversorgung bereitgestellt werden, womit festgestellt werden kann:
Ist der Grünstromanteil konstant, so verursacht die Seilbahn 2,6 Millionen kg CO2
Besonders kritische Bürgerinnen und Bürger vermuten hinter den Zahlen einen Trick, insbesondere könnten die 6000 Haushalte ein viel zu kleiner Bilanzkreis sein. Der Grund für die 6000 Haushalte ist nur ein optischer: besonders in Abb. 1 Säule 3 ist direkt zu sehen, dass der durch die Seilbahn verwendete Grünstrom zulasten der restlichen Verbraucher im Verbundnetz geht. An den absoluten Zahlen der fossilen Stromerzeugung und der CO2-Emission ändert die Größe des Bilanzkreises gar nichts, wie die nächsten beiden Grafiken zeigen.
Es werden nun alle Privathaushalte und das Gewerbe in Wuppertal als Bilanzkreis herangezogen.
Wie in den Abbildungen 3 und 4 zu sehen ist, bleibt die fossil erzeugte Energiemenge unabhängig von der Bilanzkreisgröße gleich. Als wahrscheinlichstes Szenario kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der 4,6 Millionen Kilowattstunden elektrischer Energie der Seilbahn (Mittlere Annahme der Vorstudie Ing.-Büro Schweiger) mindestens 2,686 Millionen Kilowattstunden zusätzlich in fossilen Kraftwerken erzeugt werden muss. Das gilt auch dann, wenn die Seilbahn zu 100% mit Grünstrom betrieben wird.
Ganz besonders kritische Bürgerinnen und Bürger schauen auf die Entwicklung des Grünstromanteils in Deutschland und merken an, dass im Jahr 2025 der Grünstromanteil im deutschen Strommix bei 40% bis 45% liegen wird. Im Folgenden wird das Jahr 2022 herangezogen und ein fiktiver Rest-Atomstromanteil von 1% angenommen. Außerdem wird angenommen, dass das Ausbauziel des Grünstromanteils für 2025 schon im Jahr 2022 erreicht wird.
Obwohl viel mehr Grünstrom im Verbundnetz vorhanden ist, bleibt die fossil erzeugte Energiemenge für den zusätzlich nötigen Seilbahnstrom – wie schon in Abb. 1 zu sehen war – konstant.
Wird nun – analog zur Abb. 2 und 4 – angenommen, dass der zusätzlich angefragte Seilbahnstrom mit dem fiktiven deutschen Strommix 2022 erzeugt wird, ist sogar etwas mehr fossil erzeugte Energiemenge nötig als dies in Abb. 2 oder 4 erforderlich war.
Wie in allen Szenarien zu sehen ist, muss bei zusätzlicher Stromnachfrage – egal, ob dies eine Seilbahn oder ein Elektrostahlwerk ist – zusätzlich Strom erzeugt werden. Zusätzlicher Strom wird im Verbundnetz zu etwa 44% aus Kohle und zu 10% aus Erdgas gewonnen. Die damit neben Stickoxiden, Quecksilber und Feinstaub entstehenden CO2-Emissionen können nicht weggerechnet werden.