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Ausblicke und Einblicke

Unbestritten: Aus Seilbahnen hat man einen grandiosen Ausblick auf die Umgebung. Ob im alpinen oder im urbanen Raum, die Aussicht für die Fahrgäste ist unübertroffen.

Ließt man die Bewertungen von Seilbahnen in Städten auf der Website „Tripadvisor.de“, finden sich sofort zahlreiche Beiträge, welche die grandiose Aussicht auf die Umgebung loben. Allerdings dauert es auch nicht lange, bis sich Beiträge von finden, in denen ungeniert über Anwohner geschrieben wird. Nachfolgend haben wir einige Beispiele zusammengestellt (alle Bewertungen und Fotos wurden am 17. August 2016 abgerufen):

Die Aussicht während der Fahrt ist grandios, die Häuser und Straßen lassen sich von oben wunderbar überschauen und man sieht viele Kuriositäten

Nutzer „Kalle 1808“ über die Seilbahn in Funchal / Madeira, bewertet am 10. März 2016

Witzig, in Höfe und Gärten zu „spionieren“ … 😀

Nutzer „Axel G“ über das Seilbahnnetz in La Paz, bewertet am 18. Juli 2016

Die Fahrt ist nicht so günstig, aber wenn man auf Madeira ist, sollte es dazu gehören. Einblicke in die Inseltypische Wohnkultur, wie man sie sonst niemals sehen kann.

Nutzer „Bibo0163“ über die Seilbahn in Funchal / Madeira, bewertet am 05. August 2016

Mit den Seilbahnen schwebt man im wahrsten Sinne des Wortes über den Dächern und kann die Leute beobachten, wie sie ihrem Tagewerk nachgehen.

Nutzer „Benno Franz w“ über das Seilbahnnetz in La Paz, bewertet am 28. Mai 2016

Muss man genutzt haben, mit der grünen Linie beginnen – ganz unten in der Stadt – dann umsteigen in die gelbe und ab nach ganz oben nach El Alto mit grandiosem Blick über die Stadt und in so manchen Hinterhof und Wohnzimmer…

Nutzer WEW-han15“ über das Seilbahnnetz in La Paz, bewertet am 25. Mai 2015

Die Fahrt nach Monte mit der Seilbahn gewährt ganz andere Einblicke wie ein Spaziergang durch die Stadt.

Nutzer „Caravienna“ über die Seilbahn in Funchal / Madeira, Bewertet am 08.August 2016

Man sieht von oben, wie sich die Bewohner ihre Häuser gestalten: Einige bauen sich sogar einen kleinen Pool. Sehenswert!

Nutzer „Steve20251“ über die Alema0-Seilbahn in Rio de Janeiro, bewertet am 21. März 2015

Darüber hinaus werden auch Fotos Gebäuden unter den Seilbahnen veröffentlicht:

Screenshot:Tripadvisor.de, La Paz, abgerufen am 17. August 2016
Screenshot:Tripadvisor.de, La Paz, abgerufen am 17. August 2016
Screenshot: Tripadvisor.de, Seilbahn Funchal in Madeira, Abgerufen am 17. August 2016
Screenshot: Tripadvisor.de, Seilbahn Funchal in Madeira, Abgerufen am 17. August 2016

Wie können die Anwohner in Wuppertal hiervor geschützt werden?

Privatsphäre: Split-Screen Video vergleicht die Schwebebahn mit einer Seilbahn

Im August des vergangenen Jahres haben wir an dieser Stelle über die Störung der Privatsphäre durch eine Seilbahntrasse über der Wuppertaler Südstadt berichtet. Wir zitierten den Verkehrsexperten Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Joachim Fiedler, der zu diesem Thema einen Vergleich einer Seilbahn mit der Schwebebahn heranzog. Es wurde beschrieben, dass die Wahrnehmungsdauer bei einer Fahrt mit der Schwebebahn durch Sonborn oder Vohwinkel zu kurz ist, um Details an bzw. in Gebäuden zu erkennen. Im Gegensatz zu einer Seilbahn ist die Geschwindigkeit sehr hoch und der Abstand zu gebäuden sehr gering.

Die Bürgerinitiative Seilbahnfreies Wuppertal hat nun ein Video erstellt, in dem die Schwebebahn direkt mit einer Seilbahn verglichen wird. Als Beispiel für die Seilbahn wurde hier die Pfänderbahn in Bregenz am Bodensee genommen. Achten Sie einmal darauf, wie lang Sie einzelne Details beim Blick aus einer Seilbahn und bei einer Schwebebahnfahrt erkennen können.

 

Einblick in die Privatsphäre

In einigen Beiträgen haben wir bereits auf unserer Website gezeigt, was Anwohnern bevorstehen würde, wenn eine Seilbahn über ihre Grundstücke und Häuser gebaut würde. Es wird beispielsweise nicht zu verhindern sein, das eigene Haus in Video-Portalen im Internet wieder zu finden.

Neben der Dreiseilumlaufbahn in Koblenz haben Mitglieder des Vereins Seilbahnfreies Wuppertal auch die Rittner Seilbahn in Bozen (Südtirol) besucht. Über die Lärmentwicklung der Bahn, den Schattenwurf der Gondeln und Ausfallzeiten der Anlage haben wir schon ausführlich berichtet. Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit dem Thema Privatsphäre der Anwohner am Beispiel der Rittner Seilbahn.

Rittner Seilbahn in Bozen
Rittner Seilbahn in Bozen

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gondeln. Diese sind nicht wie beispielsweise die Gondeln der Seilbahn in Koblenz durchgehend bis zum Boden verglast. Nur an den Seiten befinden sich bodentiefe Fenster. In Fahrtrichtung reichen die Fenster jedoch nicht bis zum Boden. Darüber hinaus unterscheidet sich  auch die Anordnung der Sitze von den Gondeln in Koblenz. Die Bänke bilden eine U-Form entlang der Fenster.

Gondel in der Bergstation der Rittner Seilbahn
Gondel in der Bergstation der Rittner Seilbahn

Auf die Frage, wie die Privatsphäre der Anwohner gewährleistet werden kann, wurde seitens der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) geantwortet, dass Gondeln ja nicht bis zum Boden verglast werden müssen. Auf diese Weise würde die Situation ein wenig entschärft. Leider zeigt das Beispiel Bozen, dass eine solche Gestaltung einer Seilbahngondel keinerlei Verbesserungen bringen wird. Trotz kleinerer Fensterflächen und der Sitzbank vor den Fenstern lassen sich mühelos Bilder oder Videos von Gebäuden unterhalb der Trasse machen. Das Blickfeld der Fahrgäste ist kaum eingeschränkt. Das unten stehende Foto wurde mit einem aktuellen Smartphone gemacht.

Bild aus der Gondel über dem Stadtgebiet von Bozen
Bild aus der Gondel über dem Stadtgebiet von Bozen

Unserer Meinung nach wäre der Einblick auf Gärten, Balkone oder auch in die Gebäude erschreckend. Die Menschen entlang der geplanten Seilbahntrasse müssen mit massiven Einschränkungen rechnen.  Bei einem Gondeltakt von ca. 30 Sekunden zu den Stoßzeiten ist ständig eine Gondel in der Nähe. Das eigene Grundstück ist pausenlos aus der Vogelperspektive unter Beobachtung.

Weder auf den Infoveranstaltungen der Stadtwerke noch auf den Fahrten nach Koblenz konnte man den Anwohnern Konzepte präsentieren, wie ihre Privatsphäre bei Realisierung des Seilbahnprojektes berücksichtigt werden kann.

Störung der Privatsphäre – Vergleich zwischen Schwebebahn und Seilbahn

Der Verkehrsexperte Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Joachim Fiedler und emeritierter Inhaber des Lehrstuhls für öffentlichen Personennahverkehr an der Bergischen Universität Wuppertal, hat seine Gedanken zum Thema „Sich durch Seilbahn-Überfahren behelligt fühlen“ veröffentlicht.

Hierin beschreibt er, was eigentlich jeder kennt. Sitzt man zum Beispiel in einem Zug, der mit 100km/h fährt, kann man prima die entfernt liegende Landschaft betrachten und auch Einzelheiten erkennen. Begegnet man aber einem Zug, der sich in entgegengesetzter Richtung bewegt, lässt sich nichts von diesem oder seinen Insassen erkennen.
Einen ähnlich unterschiedlichen Effekt beschreibt er beim Vergleich der Vorbei- bzw. Überfahrt der Schwebebahn bzw. Seilbahn.

Nicht zuletzt sind die Wohnung an der Schwebebahn (z.B. Vohwinkel) in der Regel so ausgerichtet, dass die intimen Zimmer hinten raus gelegen sind. Die Seilbahn soll allerdings quer über private Hausgärten und Dachfenster mit Badezimmern hinweg führen.

Seine komplette Stellungnahme finden Sie folgend:

Es lohnt sich, über die Einflussfaktoren des gefühlten Beobachtetwerdens nachzudenken. Immer wieder meinen vor allem Auswärtige, die Anwohner der Kaiserstraße müssten sich doch in ihren Wohnungen durch vorbeifahrende Schwebebahnfahrgäste geradezu „inspiziert“ fühlen. Antwort: Nein. Und warum nicht? Ganz einfach: Die Bahn fährt zu schnell und zu nah an den Fenstern vorbei, d.h. die „Wahrnehmungsdauer“ ist einfach zu kurz.

In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Seilbahn ganz wesentlich von der Schwebebahn. Ja, es kommen sogar Zweifel an der gepriesenen Überflughöhe von 40 bis 70 m auf. Bei größerer Entfernung zwischen Betrachter und Objekt  nimmt die Wahrnehmungsqualität (ohne gute Kameras) – sprich Bildschärfe – zwar ab, die Basis des Sichtkegels aber zu, wodurch die Wahrnehmungsdauer vergrößert wird. Das gilt übrigens in beiden Richtungen, also von der Seilbahn auf die rund 250 Kleingärten und umgekehrt, was das Unwohlsein der Kleingärtner – als Beispiel – verlängert … und zudem die fast ketzerische Frage aufwirft, ob urbane Seilbahntrassen nicht weniger störend möglichst niedrig über Mietshäusern verlaufen sollten, vorausgesetzt der Lärm vorbeifahrender Kabinen ist nahezu Null. Das erträgliche Optimum zwischen den genannten Aspekten wäre zu erforschen.

Kriterien für etwaige „Schmerzensgeldansprüche“ könnten sein: Entfernung zwischen Kabinentrasse und Betroffenen, Wahrnehmungsdauer und Fahrzeugdichte. Das Ergebnis einer solchen Studie  könnte dann zu unterschiedlich breiten „Schutzkorridoren“ führen, wie man es vom U-Bahn-Bau wegen denkbarer Erschütterungsschäden durchaus kennt.

Probleme bei innerstädtischen Seilbahnprojekten

Es gab bereits durchaus Ideen oder Planungen, in Deutschland Seilbahnen innnerhalb von Städten zu bauen. Beispiele sind Hamburg, Aachen oder Trier. Jedoch wurde bis jetzt noch keine Seilbahn über bebautem Gebiet realisiert. Woran liegt das? In einem Artikel im Tagesspielgel vom 01. Februar 2015 werden die Nachteile von Seilbahnen im urbanen Raum mit klaren Worten geschildert.

Bleiben zwei Probleme. Ob Seilbahnen und vor allem deren Masten eine Stadt hässlicher machen, darüber lässt sich noch streiten. Fest aber steht: Wer nicht möchte, dass über seinem Haus Gondeln schweben, kann sich rechtlich wehren. „Die Planer müssen sich eben auf den öffentlichen Raum konzentrieren“, sagt Monheim, „am besten, die Bahnen verlaufen parallel zu großen Straßen.

Zitiert wird hier Heiner Monheim (Professor für Raumentwicklung an der Universität in Trier)

Aktuell steht Wuppertal mit der Idee, eine urbane Seilbahn zu bauen, nicht alleine. Ein weiteres Beispiel ist Bochum. Hier gibt es die Idee eines ganzen Seilbahnnetzes. Bei der Trassenführung der möglichen ersten Seilbahn zwischen der Innenstadt und dem Einkaufszentrum Ruhr-Park hat man offensichtlich, nicht wie in Wuppertal, die von Herrn Monheim genannten Probleme berücksichtigt. Es wäre eine Trassenführung möglich, die nicht über bebautes Gebiet, sondern an Wohngebieten vorbei führen würde. Darüber hinaus hätte die Bahn zwei Zwischenstationen, mit denen eine Anbindung von Wohngebieten an die Seilbahn gegeben wäre.

Immobilien von Seilbahnanwohnern werden YouTube Stars

Bei unseren Recherchen sind wir auf „spannende“ Videos gestoßen, in denen die Immobilien von Anwohnern von Seilbahn-Trassen unfreiwillig YouTube-Stars wurden.

Folgend ein Beispiel, wie eindringlich Blicke aus einer Seilbahn werden können und der Beweis, dass man sich vor der Veröffentlichung im Internet kaum schützen können wird.
Wenn man genau hinsieht, haben viele betroffene Terrassen einen Sichtschutz installiert. So müssten auch in Wuppertal – ob Sonne oder nicht – die Anwohner an der geplanten Seilbahntrasse ihre Privatsphäre versuchen zu schützen.

Informationen zum Trassenverlauf

In der folgenden Karte finden Sie eine Darstellung der geplanten Seilbahntrasse über GoogleMaps. Wir haben uns bemüht, die Trasse und die Zusatzinformationen gemäß den bekannten veröffentlichten Informationen möglichst genau abzubilden:

GoogleMap – Seilbahntrasse Wuppertal

Östlich und westlich der Trasse ist zusätzlich eine 200m-Linie eingezeichnet, um die Abstände zur Seilbahn besser zu visualisieren.
(200 Meter entsprechen in etwa dem maximalen Sichtabstand, den ein Zuschauer in einem großen Bundesligastadion von den Oberrängen zum Spielgeschehen hat.)

Die Daten dieser Karte können auch als KMZ-Datei nach GoogleEarth importiert werden.
Die Ansichten sind dort noch anschaulicher. Hier können Sie auch überprüfen, dass die östliche 200m-Achse in Relation zur Seilbahntrasse meist höher liegt, womit sich die relative Höhe zu Gebäuden natürlich auch verringert.
(GoogleEarth zeigt Höhenangaben an)

Die Wuppertaler Stadtwerke haben einen sehr detaillierten Trassenverlauf im Internet veröffentlicht:

Seilbahn Längsschnitt WSW

Diese Karte enthält auch Höhenprofile. Bitte beachten Sie, dass dabei die obere rote Linie entscheidend für den Abstand von zu überfliegenden Gebäuden ist . Sie beschreibt die maximale Höhe von Gebäuden und Vegetation direkt unterhalb der Trasse, d.h. in dem vorgesehenen Fahrstreifen von 20 Meter Breite. (Tatsächlicher späterer Platzbedarf lt. WSW 12 – 15 Meter Breite).
An manchen Stellen ist dieser Abstand zu Gebäuden und Vegetation kleiner als 5 Meter.seilbahn_höhenprofil

Diese Höhenlinien wurden mit einem flugzeuggestützten Laserscanning ermittelt und haben eine Genauigkeit von ca. 0,2 Metern.

Falls Sie weitere Anregungen, Fragen oder Kritik haben, wenden Sie sich bitte an die Kontaktadresse: kontakt@seilbahnfreies-wuppertal.de

WDR Lokalzeit – Wuppertaler sorgen sich um Privatsphäre

Nachdem in der Wuppertaler Rundschau vergangenen Mittwoch ein Artikel erschien und heute Morgen auf WDR2 in einer Radiosendung Interview O-Töne ausgestrahlt wurden, lief heute Abend (Freitag, den 05.06.2015) in der Lokalzeit Bergisches Land im WDR ein Fernsehbeitrag über das Seilbahn-Projekt der Wuppertaler Stadtwerke. Es wurden Interviews mit den Anwohnern der Cläre-Blaeser-Straße geführt und auch Herr Jäger, Geschäftsführer der WSW mobil, kam in einem Gespräch zu Wort.

Der Beitrag konzentriert sich auf die massiven Einschränken der Privatsphäre und die bereits jetzt vorhandenen Wertverluste der Immobilien in Trassennähe.

Der Film lässt sich unter folgendem Link in der Mediathek nachsehen:

WDR Lokalzeit Bergisches Land – Seilbahn-Pläne: Widerstand der Anwohner