Emirates Air Line schreibt rote Zahlen

Die Emirates Air Line in London wurde für die Olympischen Spiele gebaut und 2012 eingeweiht. Heute, etwa vier Jahre später, fährt die Seilbahn finanzielle Verluste ein. In einem Artikel auf der englischsprachigen Website arabianbusiness.com wird berichtet, dass sich die Verluste auf  50.000 britische Pfund pro Woche summieren. Das entspricht einem Verlust von 3,3 Millionen Euro (!) pro Jahr.

Weiter ist zu lesen, dass  die Auslastung der Emirates-Air Line deutlich hinter den Erwartungen zurück bleibt. Zwar werden in einem Jahr über eine Million Passagiere befördert. Das bedeutet allerdings laut arabianbusiness.com, dass im Schnitt weniger als 20.000 Passagiere pro Woche die Seilbahn nutzen.

Emirates Air Line in London. Sinnvolles Verkehrsmittel oder Millionengrab?
Emirates Air Line in London. Sinnvolles Verkehrsmittel oder Millionengrab?

Quelle des Bildes: Wikimedia Commons (Category: Emirates Air Line (cable car)), abgerufen am 17.03.2016

Die Frage, welche zwingend zu klären ist: Welche Auslastung hätte die Seilbahn in Wuppertal? Auch wenn man eine hohe  Auslastung zu den Stoßzeiten auf dem Teilstück zwischen Hauptbahnhof und Universität erwarten kann, so ist zwingend zu prüfen, mit welchen Fahrgast-Zahlen man über das komplette Jahr verteilt für die gesamte Strecke rechnen kann.
Ein ähnlich großer Verlust wie in London für eine ÖPNV-Seilbahn wäre in Wuppertal kaum zu stemmen. Hinzu kommt, dass die Seilbahn in London nicht in das Tarifsystem des öffentlichen Nahverkehrs der Stadt integriert ist. Ein anderes Beispiel hierfür ist die Seilbahn in Koblenz, wie wir an dieser Stelle bereits vor einigen Wochen berichteten. Selbst für Inhaber eines Ticket-Abos (ähnlich des Ticket 2000 des VRR) müssen für die Benutzung der Seilbahn draufzahlen. Eine Einzelne Fahrt kostet umgerechnet 5,80 € (4,20 € für Inhaber eines Ticket-Abos). In Wuppertal soll die Seilbahn komplett in das Tarifsystem integriert werden. Das bedeutet, auch Abo-Tickets oder Semestertickets hätten uneingeschränkt gültig wären. Die Einnahmen pro Fahrgast währen minimal.

Übrigens: Die Gesamtkosten für die Emirates Air Line sind während der Bauphase von 32 auf 77 Millionen Euro explodiert. Ein Vergleich mit der Seilbahnidee in Wuppertal: Keine Durchlaufstation, nur drei statt sechs Stützen, weniger und vor allem deutlich kleinere Seilbahnkabinen, eine um 1,7 Kilometer kürzere Strecke und mit einer Einseilumlaufbahn eine geringe technische Komplexität.

Seilbahnlärm: Geräuschbelastung an der Antriebsstation

Dass Lärm bei Seilbahnen entlang der Strecke und an den Stützen eine Belastung für Anwohner darstellt, haben wir in mehreren Beiträgen an dieser Stelle bereits gezeigt. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit der Lärmbelastung, die Nachbarn der Antriebsstation betreffen würde.

Die Wuppertaler Stadtwerke beantworten die Frage nach Seilbahnlärm an Stationsgebäuden auf Ihrer Website (Seilbahn2025.de) folgendermaßen:

Die wesentliche Lärmquelle bei einer modernen Dreiseilumlaufbahn ist der Antrieb. Bei der Seilbahn in Wuppertal befände sich der Antrieb auf Küllenhahn. Lärmimmissionen können hier durch bauliche Lösungen gering gehalten werden.

Seilbahn2025.de; Abgerufen am 27. Februar 2016

In der Realität ist Lärm an einer Antriebsstation einer Dreiseilumlaufbahn ein echtes Problem. Das zeigt die Rittner Seilbahn in Bozen. In einem Artikel von Südtirol Online vom 31.09.2009 wird über massive Lärmprobleme in Bozen durch die Seilbahn berichtet. Direkt nach der Eröffnung der Anlage im Frühjahr 2009 sind somit Probleme mit der Lärmentwicklung an den Stationen aufgekommen.

Folgende Angaben werden über die Bergstation mit Antrieb der Anlage gemacht:

In Oberbozen hatte man drei Lärm-Messstationen rund um die Bergstation installiert. Rechts der Station wurden 59 Dezibel tagsüber und 70 Dezibel nachts gemessen. Der hohe nächtliche Wert sei auch darauf zurückzuführen, dass aufgrund der hohen sommerlichen Temperaturen die Türen zum Motorraum geöffnet worden seien, um den Motoren Kühlung zu verschaffen.

Und im weiteten Verlauf:

Die Messinstrumente links der Bergstation haben dagegen Werte von 60 Dezibel tagsüber und 61,5 Dezibel nachts angezeigt. An der dritten Messstation, die in einiger Entfernung zur Bergstation angebracht worden war, wurden keine Grenzwert-Überschreitungen gemessen, dafür aber ein Summen wahrgenommen.

Bergstation der Rittner Seilbahn umringt von Wohngebäuden des Ortes Oberbozen
Bergstation der Rittner Seilbahn umringt von Wohngebäuden des Ortes Oberbozen

Es wurden also Lärmgrenzwerte an der Antriebsstation überschritten, und das an den Seiten des Gebäudes bei geschlossenen Türen. In Fahrtrichtung ist das Gebäude jedoch geöffnet, da hier die Gondeln hinaus- und hereinfahren. In diese Richtung stehen in Oberbozen keine Wohngebäude in unmittelbarer Nähe. Die Situation in Wuppertal sähe jedoch anders aus, wie das folgende Bild zeigt:

Die Bergstation Küllenhahn würde mit der Öffnung in nördlicher Richtung Geräuschbelastungen für die Anwohner im Bereich Lavaterweg, Jung-Stilling-Weg und am Wolfshahn bedeuten
Die Bergstation Küllenhahn würde mit der Öffnung in nördlicher Richtung Geräuschbelastungen für die Anwohner im Bereich Lavaterweg, Jung-Stilling-Weg und am Wolfshahn bedeuten

Leider sind im Artikel von Südtirol Online keine Angaben zu Messentfernungen gemacht worden. Es ist aber anzunehmen, dass die Lärmmessungen direkt an den umliegenden Häusern durchgeführt worden sind, da es ja auch von den Anwohnern Beschwerden gab. Wenn die Messungen in ca. 50m Entfernung von der Seilbahnstation durchgeführt worden sein und dort ein Schalldruckpegel von ca. 60dB(A) dann würde im freien Feld erst nach zwei Kilometern der in Deutschland für die Nacht geltenden Grenzwert erreicht werden. In der Realität würde der Schalldruckpegel aber stärker gedämpft werden, da die Bergstation an drei Seiten von Häusern umgeben wäre.

Warum ist die Seilbahn in Koblenz nicht im dortigen ÖPNV-Netz eingebunden ?

Diese Frage wurde bereits 2014 von einem Verkehrsplaner untersucht und eindeutig beantwortet:

„(…) Und sie müsste in den VRM ­Tarif eingebunden werden ­ und damit würde der Betreiber einen erheblichen Mindererlös erzielen, der ihm ausgeglichen werden muss. Und da der Stadtrat ja einen unbedingten Ausgabestopp vereinbart hat, sehe ich da gar keine Chance für eine solche Entscheidung“

Rhein-Zeitung vom 23.06.2014

Eingang Koblenz
Eingang zur Seilbahnstation Ehrenbreitstein/Koblenz

Die Bahn in Koblenz wird von einem Tochterunternehmen des Doppelmayr-Konzerns betrieben. Entsprechend kostet eine einfache Seilbahnfahrt in Koblenz 6,50 € für die 890 Meter lange Fahrt.

Die WSW mobil sollen die 2.800 Meter lange Fahrt zum VRR-Tarif anbieten, d.h. die Fahrt wird maximal 2,60 € kosten.Tatsächlich werden die Erlöse weitaus geringer ausfallen, da statistisch nur 8% aller VRR-Fahrgäste diesen „Bartarif“ zahlen. Im Durchschnitt werden im VRR ca. 1,00 € pro Fahrt erzielt. Bei einer Wuppertaler Seilbahn wird der Erlös aufgrund des hohen Anteils von Semesterticket-Nutzern eher geringer ausfallen.

Eins ist aber klar: Dieses Defizit muss letztendlich ausgeglichen werden: Entweder durch den Abbau von Bussen und Personal oder durch Zuschüsse aus der (leeren) Stadtkasse.

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Auch ohne Mathematikstudium erkennbar: Seilbahn ist ein Zuschußgeschäft

Preise für Einzelfahrten ausgesuchter Seilbahnen in Europa (Stand 09.03.2016):

Koblenz: 6,50 €
Bozen: 6,00 €
London: 5,80 € (umgerechnet, Preis subventioniert)
Barcelona: 11,00 €
Bregenz: 7,30 €
Dubrovnik: 9,26 € (umgerechnet)
Malaga; 12,90 €
Lissabon: 5,90 €

Ratsbeschluss zur ergebnisoffenen Prüfung einer Seilbahn

Am gestrigen Montag, den 07. März 2016, haben die Mitglieder des Stadtrates wie erwartet die ergebnisoffene Prüfung zur Realisierung einer Seilbahn in Wuppertal beschlossen. Damit beginnt nun der Prüfungsprozess, in dem alle relevanten Punkte geklärt werden.

Zunächst soll das Verfahren zur Bürgerbeteiligung durchgeführt werden. 50 zufällig ausgewählte Bürger unserer Stadt werden sich mit dem Thema Seilbahn beschäftigen. Dazu werden sie sich unter anderem auch mit der Initiative Seilbahnfreies-Wuppertal als Gegner des Seilbahnprojektes treffen.

Der Rat hat gestern dagegen gestimmt, einen Bürgerentscheid zur Seilbahn durchzuführen. Ein Grundsatzbeschluss zur Seilbahn in Wuppertal ist schon im Vorfeld abgelehnt worden.

Banner von Seilbahnfreies Wuppertal über der Südstraße
Banner von Seilbahnfreies Wuppertal über der Südstraße

Unser Banner, das bis zum 07. März an der Fußgängerbrücke über der Südstraße hing, zeigt übrigens ein Zitat von Ulrich Jäger, Vorstand WSW Mobil. Es stehen nun zahlreiche teils kostenintensive Untersuchungen an, ob eine Seilbahn überhaupt realisierbar ist.

Seilbahnlärm: Geräuschbelastung an Stützen

Lärm bei einer Seilbahn? Dies scheint auf den ersten Blick ein zu vernachlässigendes Problem zu sein. So schreiben die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) auf der Projekt-Website Seilbahn2025.de:

Das System Seilbahn liegt beim Vergleich der Lärmintensitäten deutlich unter dem des Busses bzw. dem des PKW-Verkehrs. Aufgrund technischer Gegebenheiten sind die Abstände der Lärmquellen zur Wohnbebauung beim System Seilbahn sehr groß. Im Vergleich dazu sind die Lärmquellen des Straßenverkehrs insbesondere in Innenstadtbereichen mitunter sehr nah an Wohngebäuden.

Seilbahn2025.de; Abgerufen am 27. Februar 2016

Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass Seilbahnlärm nicht zu vernachlässigen ist. In einer Serie von mehreren Blogbeiträgen werden wir das Thema Lärm ausführlich behandeln. Zunächst beginnen wir mit der Lärmentwicklung an Seilbahnstützen. Bei der aktuell vorgeschlagenen Strecke würden Stützen in direkter Nachbarschaft von Wohnhäusern stehen. Informationen zu den Stützenpositionen haben wir in der Rubrik Trassendetails zusammengestellt.

In der Rubrik FAQ der Projekt-Website werden die WSW in ihren Angaben zum Thema Seilbahnlärm bei Stützen etwas konkreter. Gleichzeitig wird jedoch auch klar gestellt, dass genaue Werte noch gar nicht vorhanden sein können:

Geräusche auf der Strecke entstehen lediglich beim Überfahren der Stützen. Hierbei entstehen Geräuschbelastungen von ca. 40 db(A). Zum Vergleich: Der Lärm einer normalen Verkehrsstraße erzeugt bis zu 80 db(A). Während der Fahrt in luftiger Höhe wird die Seilbahn in Bodennähe kaum zu hören sein. Konkrete Werte wurden im Rahmen der technischen Vorstudie nicht berechnet. Ein gesondertes Lärmgutachten wäre Bestandteil einer Umweltverträglichkeitsprüfung im weiteren Genehmigungsverfahren.

Seilbahn2025.de; Abgerufen am 27. Februar 2016

Bei der Geräuschentwicklung an Seilbahnstützen stellt sich die Frage, auf welchen Abstand sich die Angabe von 40dB(A) bezieht. Wären sie im Abstand von einem Meter von der Stütze gemessen worden, wäre das Lärmproblem tatsächlich zu vernachlässigen.  Es kämen weniger als 10dB(A) bei einer 64 Meter hohen Stütze am Boden an. Das entspräche einem Blätterrascheln in der Ferne. Üblicherweise wird aber im freien Feld keine Messung in einem Meter Entfernung durchgeführt, sondern an einem Messpunkt, den die Behörde festlegt. Es geht schließlich um die Geräuschbelastung von Mensch und Tier durch eine technische Anlage. Würden die 40dB(A) am Boden neben einer 64m hohen Stütze gemessen werden, hätten Anwohner direkt  bei der Stütze ständig (6Uhr bis 23Uhr) einen Geräuschpegel zu dulden, der einem Gespräch zwischen zwei Personen entspräche.

Da sich der Schallpegel mit Verdopplung des Abstandes im freien Feld um 6dB(A) verringert, hätte man erst in ca. 250m 30dB(A) erreicht. 30dB(A) entspricht, laut Lärmtabellen dem ticken von Uhren. Der Wert von 10dB(A) würde erst nach ca. 4km erreicht. Wie sind diese Werte ermittelt worden? Ganz einfach. Der Schalldruckpegel nimmt mit Verdopplung des Abstandes um 6 dB(A) ab (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schalldruckpegel)

Beispiel:

Im Abstand von z.B. 64 Metern (Stützenhöhe) werden 40dB(A) gemessen. In 128 Metern werden dann 34dB(A) gemessen und in 256 Metern wären es noch 28dB(A).

Diagramm_Schallpegel_Entfernung

Die gesetzlichen Grenzwerte für Schallimisionen liegen in Deutschland in reinen Wohngebieten tagsüber bei 50dB(A) und Nachts bei 35dB(A). In dem obigen Szenario würde das bedeuten, dass ein Haus in unmittelbarer Nähe der Stütze tagsüber im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben belästigt wird und ab 22 Uhr Lärmgrenzwerte überschritten würden.

Anwohner in direkter Nachbarschaft von Seilbahnstützen würden unter permanteter Lärmbelastung bei Betrieb der Seilbahn leiden
Anwohner in direkter Nachbarschaft von Seilbahnstützen hätten eine permanenter Lärmbelastung bei Betrieb der Seilbahn zu dulden.

Übrigens: Dass die Gondeln des Systems Dreiseilumlaufbahn doch in Bodennähe deutlich zu hören sind, haben wir an dieser Stelle bereits im letzten Jahr aufgezeigt. Ein Besuch der Dreiseilumlaufbahn in Bozen hat überraschend gezeigt, dass auch auf offener Strecke, fernab von Stützen und Stationsgebäuden, mit Geräuschbelastung der einzelnen Gondeln zu rechnen ist.

BUND: Deutliche Kritik an Seilbahnplänen

Wenige Tage vor der Ratssitzung am 07. März hat die Kreisgruppe Wuppertal im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) die Wuppertaler Stadtverordneten dazu aufgefordert, gegen weitere Untersuchungen des Seilbahnprojektes zu stimmen. Wie die Wuppertaler Rundschau auf ihrer Website in einem Artikel vom 01. März berichtet gibt es für den BUND drei wesentliche Aspekte für diese Aufforderung:

  1. Das erforderliche Fällen von zum Teil alten Baumbestand bei Realisierung des Seilbahnprojektes
  2. Die Position der fünften Stütze im Quellbereich des Hatzenbecker Bachs (ein gesetzlich geschütztes Fließgewässer)
  3. Die Befürchtung, dass die Menschen in der Südstadt aufgrund der zu erwartenden Ausdünnung von Buslinien auf verstärkt PKW nutzen werden.

Demnach hätte die Seilbahn auch offensichtliche Nachteile für die Umwelt bzw. die Natur in unserer Stadt. Der BUND unterstütze die Bürgerinitiative Seilbahnfreies Wuppertal.

Die Wuppertaler Stadtverordneten wurden per Mail persönlich angeschrieben. Die Wuppertaler Rundschau zitiert den BUND mit der Aufforderung:

„keine weiteren Geldmittel für Prüfungen zum Seilbahnprojekt zu bewilligen.“

Am 07. März entscheidet der Wuppertaler Rat, ob die Planungen für eine Seilbahn in Wuppertal starten sollen. In unserem Pressespiegel finden neben den Artikel der Wuppertaler Rundschau auch weitere Links und Presseberichte zu diesem Thema.